harmonia mundi HMC 901869
(77 Min., 8/2004) 1 CD
War es Humor? Religiöser Ernst? Oder einfach nur ein Bonmot zu rechten Zeit, um die Damen und Herren Hobby-Tastenkünstler zu ärgern? Wir wissen es nicht, nehmen es also einfach mal zur Kenntnis. Dass nämlich jene wunderbaren Partiten für Cembalo, an denen sich heute ein jeder Pianist (zum Glück auf modernem Instrumentarium) die Finger und wohl auch ein bisschen den interpretatorischen und sonstigen Geist zu stählen sucht, von ihrem Schöpfer, dem Herrn Johann Sebastian Bach, einzig und ausdrücklich "den Liebhabern zur Gemütsergetzung verfertigt" wurden, beileibe aber einen anderen Weg beschritten. Glückliche Menschen müssen das gewesen sein damals, die solcherlei tiefreichenden Kunstgenuss mal eben so mitnahmen - jedenfalls jene, die um Bachs Ironie nicht wussten, die er walten ließ, als er anno 1730 das Autograph mit seiner kulturellen Eingabe bekleckste. Denn selbstverständlich verknüpfte der Komponisten einen anderen, weit höheren ästhetischen Anspruch mit seinen Partiten. Nur wie diesen einlösen?
Cédric Tiberghien, in seinem Heimatland Frankreich bereits ein bekannter Pianist, versucht es mit einem zunächst probaten Mittel. Ihm ist es in seinen Wiedergaben der Parititen 2, 3 und 4 (1, 5 und 6 folgen wahrscheinlich bald) darum zu tun, die Strukturen der Stücke offen zu legen, und sei es um den Preis des Verlustes des musikantischen Vergnügens. Wie ein Landvermesser grenzt er die einzelnen Phasen voneinander ab, blendet sie gewissermaßen gegeneinander, schichtet, ordnet sie, ordnet sie ein. Ein Prinzip, das noch durchgehen würde. Doch begeht der junge Mann in seinem Feuereifer dann doch einen entscheidenden Fehler: Er schneidet sein Seziermesser in den Verlauf der einzelnen Phrasen hinein, stoppt, bremst selbst dort, wo der Fluss der Melodie in der Tat anderes verlangt. Das erzeugt im ersten Eindruck eine Prägnanz, die man selten hört, beim genauen Hinhören aber verursacht es doch weit eher ein Unbehagen an der Kultur der Verhärtung. Denn selbige besitzt nebenbei auch den Effekt, dass die Lieblichkeit des Klangs (und von der wusste einer wie Bach auch schon) zugunsten einer Holzschnittartigkeit völlig in den Hintergrund tritt. Was betrüblich ist. Und von Cédric Tiberghien vielleicht einmal bedacht werden sollte, wenn er zur Ergötzung der Musikliebhaber weitere Bach-Versuche unternimmt.
Tom Persich, 08.10.2005
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