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N° 1353
13. - 24.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Johann Sebastian Bach

Violinkonzert - Doppelkonzerte

Akademie für Alte Musik Berlin

harmonia mundi HMC 901876
(63 Min.) 1 CD

Original oder Bearbeitung - das ist bei J. S. Bach immer wieder die Frage. Die Akademie für Alte Musik Berlin (Leitung: Stefan Mai) bringt nun einen interessanten Diskussionsbeitrag dazu. Zwei Konzerte werden in Bearbeitungen Bachs dargeboten, obwohl die Originale erhalten und für die meisten Hörer klanglich die attraktiveren sind. Die beiden anderen sind nur in der Cembalofassung erhalten, hier musste das Original rekonstruiert werden. Die erste Gruppe bringt keine neuen Erkenntnisse: Wer wird den eher spröden Cembaloklang vorziehen, wenn er die gleichen Melodien von den Violinen gespielt haben kann, für die sie Bach ja auch erfunden hat? Vor allem beim langsamen Satz des Konzerts für zwei Cembali c-Moll sehnt man sich von Takt zu Takt mehr nach den Kantilenen der Violinen im Original, dem berühmten Doppelkonzert d-Moll. Dabei spielen Solisten und Orchester auf bestem Niveau, lebendig und mit rhythmischer Verve. Ähnliches gilt auch für das Tripelkonzert F-Dur, einer Bearbeitung des vierten Brandenburgischen Konzertes.
Viel spannender ist die Lage bei den Rekonstruktionen. Insbesondere für das Violinkonzert d-Moll BWV 1052 (erhalten ist es nur als Cembalokonzert) legen sich die Interpreten mächtig ins Zeug. Mit aggressivem Impetus werfen sich die Musiker in den ersten Satz. Und Midori Seiler - eine Geigerin mit großen klanglichen und gestalterischen Möglichkeiten - hält ein flammendes Plädoyer für die rekonstruierte Fassung. Gegen Ende dieses Allegros allerdings sprengt sie die Grenzen barocker Ästhetik, spielt dieses Solo völlig frei - quasi cadenza - mit so exzessiver Tongebung, dass der gestresste Hörer das nächste Orchestertutti als Erlösung begrüßt. Überzeugend und mit großem Espressivo gestaltet sie dagegen das Adagio; sie gestattet sich sogar ab und zu ein wohldosiertes Vibrato. Im dritten Satz ist die Partie wieder offen. Die Berliner Musiker spielen hellwach, sozusagen auf der Stuhlkante sitzend, und die virtuose Überredungskraft der Geigerin ist groß, aber manche Stellen gehen dank Bachs genialer Bearbeitungskunst doch an das Cembalo, vor allem das große Solo am Ende des Satzes.
Beim Konzert für Violine und Oboe BWV 1060 spricht alles für diese gelungene und viel gespielte Rekonstruktion. Hier können die Solistinnen (zur Geigerin gesellt sich nun Xenia Löffler mit tonschönem Spiel und natürlicher Gestaltung) und das Orchester befreit aufspielen und setzen einen mitreißenden Schluss- und Höhepunkt.

Martin Neumann, 01.09.2007


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