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N° 1353
13. - 23.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Oriental Gates

Nicolas Simion

Tutu/Fenn Tutu CD 888 212
(72 Min., 4/1996) 1 CD

Eigentlich könnte dieser Nicolas Simion ein Jan Garbarek des Balkans sein. Ausgehend von Rollins und Coltrane haben er und der Norweger einen sehr persönlichen, leuchtenden Ton auf dem Tenorsaxofon entwickelt, der allerdings bei Simion von den Vorbildern weiter entfernt in Richtung einer spezifischen osteuropäischen Glätte geht, die auch schon bei Hans Koller aufschien. Was Simion zudem von Garbarek unterscheidet, ist die thematisierte Treue zu seiner Heimat, zu Transsylvanien und dessen Umfeld. Diese Vorliebe zur lebendigen Folklore korreliert mit einer Liebe zur deftigen Rhythmik. Nicht ohne Grund war er Nachfolger von Jim Pepper im Mal-Waldron-Quartett mit dem heavy Rhythmus-Team Ed "the mighty punch" Schuller am Bass und Victor "the man who can hit" Jones am Schlagzeug. Nach einer erfolgreichen Waldron-Quartett-Tournee holte sich Simion seinen transsylvanischen Pianisten-Freund Mircea Tiberian auf den Klavierstuhl. Im in-Club Wiens, dem Porgy & Bess, spielte er 1996 die vorliegende CD ein. Ihr Titel ist Programm; Skalen und Rhythmik aus Simions osteuropäischer Heimat bestimmen die Musik - und tun es auch wieder nicht, denn der Akkulturationsprozess in den aktuellen Jazz gerät dem Leader und Komponisten so überzeugend, dass Gedanken an ein kopflastiges "Jazz meets Balkan"-Konzept erst gar nicht aufkommen. Simion ist auf dem Tenor- und Sopransaxofon wie auf der Bassklarinette ein hinreißender, melodieseliger Improvisator, und Mircea Tiberian folgt und komplementiert ihn mit nativem Gespür und waldronisch mccoy-tynerischer Sophistication. Und doch darf davon geträumt werden, wie diese Musik klänge, wenn das Rhythmus-Team weniger afro-amerikanisch und dafür mehr von balkanesker Leichtfüßigkeit wäre. Anders ausgedrückt: Nicht alles, was live toll rüberkommt, muss eine ebenso großartige CD ergeben - aber das ist eine Grundsatzfrage, die der Hörer für sich selber entscheiden soll.

Thomas Fitterling, 01.09.2007


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