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N° 1353
13. - 22.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Jean Sibelius

Sinfonien Nr. 1 bis 7, Tondichtungen

Hallé Orchestra, John Barbirolli

EMI 5 67299
(1966 - 1970) 5 CDs

John Barbirolli, das zeigt sich bei jeder seiner Aufnahmen, war einer der ganz großen Dirigenten des 20. Jahrhunderts. Freunde des Maestros haben jetzt allen Grund zum Jubeln: Erstmalig sind die legendären Interpretationen der Sibelius-Sinfonien, die “Glorious John” in seinen letzten Lebensjahren mit dem Hallé-Orchester einspielte, auf CD erschienen. Und nun müssen sich tatsächlich fast alle Anderen warm anziehen.
Die gedankliche Tiefe, ja Transzendenz, die Barbirolli in diesen Werken erreicht, findet man bei kaum einem anderen Interpreten - am wenigsten bei den jüngeren, die es meist viel zu sehr schätzen, auf Höhepunkte hin zu musizieren. Natürlich animieren die beiden ersten Sinfonien oder auch die Fünfte eine solche Herangehensweise, doch geht sie stets auf Kosten der musikalischen Substanz.
Barbirolli beweist, wie durch und durch organisch die Werke gearbeitet sind und gibt so Adornos vielzitiertes Bonmot von den "Sinfonien der tausend Löcher" der wohlverdienten Lächerlichkeit preis. So klingen auch die frühen Sinfonien einmal nicht wie Tschaikowsky aus zweiter Hand.
Zudem erarbeitete der Dirigent für jedes Werk einen ganz spezifischen Orchesterklang und eine individuelle Balance, die zum Teil völlig neue Perspektiven auf die Partitur eröffnet. Man höre nur etwa die verschiedensten Artikulationsnuancen der Streicher in der Fünften, mit den Violinen links und rechts verteilt: ein wahrer Mikrokosmos des Streicherklangs. Oder die Sechste, Barbirollis letzte Aufnahme vor seinem Tode, in der er dieser gleichzeitig unzeitgemäßesten und zeitlosesten Sinfonie des 20. Jahrhunderts eine wunderbar innige, lyrische und detailverliebte Interpretation zuteil werden lässt.
Man erwarte allerdings weder Wunder der Klangtechnik noch chromblitzende orchestrale Brillanz: Die Aufnahmen klingen zum größten Teil älter als sie sind, und das Hallé-Orchester gerät mehr als einmal an seine Grenzen. Doch solche minimalen Einbußen verblassen vollends vor der künstlerischen Größe Barbirollis, dessen Sibelius-Zyklus ab jetzt eindeutig die erste Wahl ist.

Thomas Schulz, 01.09.2007


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