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N° 1353
13. - 24.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Silent Nights

Chet Baker

Jazz Masters/AW Music 4 017699 001429
(36 Min., 1/1986) 1 CD

Weihnachtslieder, Spirituals und Gospel mit einem späten Chet Baker. Was könnte das bedeuten? Eine zarte, verletzliche Stimme könnte über einem Streichorchester schweben, „Nobody Knows The Trouble I’ve Seen” könnte eine anrührende biografische Selbstaussage sein. „Stille Nacht“ könnte, von ihm auf der Trompete gehaucht, so still sein, dass man die Schneeflocken fallen hört.
Mit ungeheuren Erwartungen nähert man sich einem Album, das sich zwar immer wieder zu gewissen Höhen aufschwingt (die auch ein schwächelnder Baker stets erreichen konnte), letztlich aber enttäuscht. Ein eigenes Weihnachtsalbum Bakers wäre vielleicht auch ganz anders ausgefallen. Dieses ist aber ein Zufallsprodukt. Sein Freund Christopher Mason, ein passabler Altist, erzählte ihm eines Tages von seinem Plan, mit seinem Trio (Pianist Mike Pellera, Bassist Jim Singleton und Drummer Johnny Vidacovitch) ein entsprechendes Album einzuspielen. Baker hatte Lust einzusteigen, brauchte vielleicht auch nur, wie so oft, dringend Geld, und gesellte sich zu Musikern, die nicht schlecht sind, aber doch weit unter seinem Niveau. Waren sie von der Gegenwart der lebenden Legende eingeschüchtert und unsicher oder auch nur unerfahren? Sie machten das, was der Amerikaner „to play safe“ nennt: Statt alles zu geben und beim Improvisieren Wagnisse einzugehen, spielt man aus Angst vor Ausrutschern in seinen vermeintlich enggesteckten Grenzen. Ihr improvisatorisches Mittelmaß wäre ja noch hingegangen, wenn sie wenigstens für inspirierende Arrangements gesorgt hätten. Wenigstens entrieten sie jeglichen Kitsches. Das ist in diesem Genre auch etwas wert.
Es erstaunt nicht, dass Baker in dieser Umgebung nicht Feuer fing. Er sang nicht, blies lustlos, aber an einigen Stellen eben doch wieder so herzgewinnend, dass man das Album doch behält, statt es Weihnachten Großmuttern unter den Weihnachtsbaum zu legen. Diese Art Jazz verschreckt nicht einmal sie.

Marcus A. Woelfle, 01.09.2007


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