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N° 1353
13. - 24.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Johann Sebastian Bach

Goldberg-Variationen

Andrea Bacchetti

Arthaus Musik/Naxos 101 447
(100 Min., Mit Bonus-CD) 1 DVD

Sagen wir es rundheraus, ohne Zögern: Wir stehen vor einem Rätsel. Mögen weder unseren Augen noch unseren Ohren länger trauen. Sind mit einem Wort: verwirrt. Und dies mit gutem Grund. Da ist ein Interpret, der ein Stück spielt – aber einmal so und einmal anders. Einmal sehen und hören wir ihn, einmal hören wir ihn. Und kommen nicht umhin zu konstatieren, dass es nur zwei Möglichkeiten gibt. Entweder wir irren, dann aber gewaltig, oder es ist in der Tat so, wie wir denken. Dieser Interpret scheint zwar dasselbe (nicht nur das gleiche) Stück zu spielen, aber auf so unterschiedliche Art und Weise, dass wir, zwar nicht grundsätzlich, aber doch entschieden, an seinen Überzeugungen zu zweifeln haben. Zweifeln deshalb, weil es seltsam anmutet, dass Andrea Bacchetti bei der Aufnahme der Goldberg-Variationen für die vorliegende DVD zum Teil völlig andere Tempi und Ausdruckmittel wählt als bei dem Mitschnitt der Bonus-CD und so den einzelnen Variationen und also dem Ganzen einen gleichsam doppelten Charakter verleiht: Ob es per Zufall geschieht oder pure und seriöse Absicht ist, sei dahingestellt. Entscheidend ist der feine Unterschied. Und der sagt: Komisch ist das schon. Wie dem auch sei, die Aufnahme aus dem Teatro Chiabrera vom 17. Januar 2007 ist um einiges packender und vor allem flüssiger, organischer geraten als die DVD-Produktion aus der Villa Trissino Marzotto im vergangenen Jahr. Mag der Ansatz, den er dort verficht, konsequent sein und zuweilen von betörender philosophischer Tiefe (wie in den Variationen 13 und 15), so kommt man nicht umhin, dem Ganzen letztlich mit Argwohn zu begegnen. Nicht nur sind trotz der moderaten bis schleppenden Tempi Unwuchten in der horizontalen Bewegung zu spüren, auch wirken etliche agogische Einschübe und dynamische Volten gekünstelt, gleichsam gegen die Musik und ihren natürlichen Strom gewendet. Damit sind weniger die häufigen Verzierungen gemeint, die sind immer Geschmackssache (wobei Bacchettis Insistieren auf Mordenten, Trillern und Doppelschlägen übertrieben wirkt). Wesentlicher ist, dass der Pianist im Beharren aufs Detail den Charakter jeder einzelnen Variation zu vergessen scheint. Sein holzschnittartiges Spiel nivelliert unbotmäßig, und es zerdehnt die musikalischen Idiome derart, dass das Unverwechselbare dieser Musik zusehends aus dem Blick gerät. Fazit: Wir empfehlen den Konzertmitschnitt.

Tom Persich, 22.12.2007


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