60 Jahre nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges nähert sich nun die Gruppe Sound Espace dem Thema Konzentrationslager, das, sieht man einmal von Ausnahmen wie Joe Zawinuls Mauthausen-Projekt ab, von Jazzmusikern eher gemieden wird. Die von Thomas Hohnerlein vorgetragenen Texte entstanden zum Teil in den Konzentrationslagern. Die Sounds der Musiker wollen nur einen Klangraum bilden, nicht in konkurrierenden mit Dialog den Texten treten, stellen sich als "verlässlicher Raum zur Installation zur Verfügung", wie RONDO-Autor Thomas Fitterling im Beiheft schreibt. Das trifft zu. Da gibt es keine Melodien oder Rhythmen, die sich vor den Texten der Opfer in den Vordergrund drängen könnten. Und doch liefern der Schlagzeuger Ray Kaczynski und der E-Bassist Reinhard Köhler weit mehr als man unter dieser Prämisse erwarten würde: Ob ihre geräuschhaften Klänge nun eher unterschwellig wirken oder zwischen den Textlesungen plastisch hervortreten, in ihrer Düsternis erzeugen sie eine Atmosphäre der Beklemmung, Bedrohung, Hilf- und Hoffnungslosigkeit. Dies gelingt ihnen mit sparsamen, betont unplakativen und unabgegriffenen Mitteln. Die Gefahr der platten Illustration ist gebannt, selbst da, wo eine Art kreischender Deportationszug den Hörer attackiert, eine letztlich undefinierbare Geräuschkulisse, die jeden erdenklichen Schmerz zu beherbergen scheint. Das in der Ulmer KZ-Gedenkstätte uraufgeführte Werk geht an die Nieren.

Marcus A. Woelfle, 01.09.2007

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