Bei dieser CD bin ich versucht, die Verpackung vor der Musik zu loben. Und schon trifft einen vorschnell der Vorwurf, selbst bei einer Jazz-Hommage an das Idol Marilyn Monroe noch den Vermarktungsstrategien der Filmindustrie zu erliegen, die einst das Wesen der sensiblen und scheuen, vor der Zeit emanzipatorisch handelnden Schauspielerin auf die Hülle des naivblonden Sexsymbols reduziert hat.
Doch ein Blick auf das Titelfoto der De-Luxe-Verpackung genügt, den Vorwurf Lügen zu strafen. Eine hellwache, intelligente und selbstkritische Frau blickt da ins Objektiv. Das vierundzwanzigseitige Beiheft mit weiteren Fotos und authentischen Texten tut ein übriges, um dieser Ausnahmegestalt Gerechtigkeit widerfahren zu lassen.
Zentrales Anliegen dieses Unterfangens ist, Marilyn Monroe als tätigen Jazz-Fan und als musikalisch singende Schauspielerin mit Neuaufnahmen von Songs zu ehren, die sie in ihren Filmen sang. Unternommen wird dieser Versuch von dem schweizerischen Saxofonisten David Klein, der zur Generation derer gehört, die nach dem Tod des Stars geboren sind. Dass er für diese kindheitsverletzte Ikone schwärmt, muss etwas mit seiner Mutter Miriam Klein zu tun haben, der bedeutenden Billie-Holiday-Interpretin. Bei allem Unterschied zwischen Billie Holiday und Norma Jeane Baker gibt es da diesen spezifischen Ladies’ Blues, der aus einer traumatisierten Kindheit herrührt.
Dieser Bezug wird auf dramatische Weise in den acht von zehn Tracks deutlich, in denen Miriam Klein die Rolle der Vokalistin übernimmt. Ihr Sohn ist ein moderner Lester-Young-Bandleader und -Begleiter. Unterstützt wird er dabei von Mulgrew Miller am Klavier, Ira Coleman am Bass und Marcello Pellitteri am Schlagzeug. Immer wieder erinnert der leicht laszive, melancholisch gebrochene Vortrag der Combo an Charlie Hadens Quartet West und an dessen intime Clubmusik im besten Wortsinne.

Thomas Fitterling, 01.09.2007

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