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N° 1354
20. - 30.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Deep Song

Christine Tobin

Babel/NRW BDV 2028
(59 Min., 11/1999) 1 CD

Wieder eine dieser blassen Blondinen, die sich kurz entschlossen als Jazzsängerinnen ausgeben, weil die davon herbeizitierte Aura gerade wieder angesagt ist? Falsch geraten. Zunächst verwirrt Christine Tobin ihr vom Coverfoto suggeriertes Image dadurch, dass sie auf anderen Bildern dunkelhaarig erscheint. Und dann ist "Deep Song" schon das vierte Jazzalbum, das die Engländerin für Babel aufgenommen hat.
Viele Chanteusen der letzten fünfzig Jahre reklamieren für sich, von Billie Holiday geprägt worden zu sein; leider blamieren sich die meisten im Vergleich mit ihrem Vorbild bis auf die Knochen. Christine Tobin hält nicht nur diesen, sondern auch ihre Widmung an Betty Carter blendend aus - sie wächst sogar an der Herausforderung. Deswegen hat sie sich auch zum ersten Mal ausführlich auf Standards eingelassen, während sie bislang vorwiegend eigene Lieder sang (auf die ich nach dem Hören der Kostproben "Ritual" und "Just Your Friend" umso gespannter bin).
Sie braucht für einen schon vielfach gehörten Evergreen wie "You Go To My Head" subjektiv doppelt so lange wie andere Interpreten, weil sie die Angewohnheit hat, auf den Vokalen zu "reiten", bis sie den vertrauten Harmonien eine neue melodische Wendung gegeben hat - so werden auch die ältesten Kamellen wieder verdaulich, ja zum Geschmackserlebnis. Christine Tobin hält sich trotzdem eng an die Textsilben, fügt höchstens ein paar eigene Zeilen hinzu.
Dieses Verfahren kann auch deshalb so blendend funktionieren, weil ihre Begleiter wirklich "begleiten", ihr also eine kontinuierlich inspirierende und interagierende Stütze sind. Die Harmonien liefert der fulminante britische Gitarrist Phil Robson; hinzu treten in ähnlich wichtiger Funktion Bassist Peter Herbert, der bewährte Schlagwerker Billy Hart und, als Tüpfelchen auf dem i, der Gastsaxofonist Mark Turner. Die Sängerin schafft im Verbund mit der unerschöpflich einfallsreichen Gitarre ihres treuesten Sideman eine flirrende Intensität, die Möchtegern-Jazzer beiderlei Geschlechts in die Flucht schlagen sollte.

Mátyás Kiss, 01.09.2007


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