Schienen anfangs die Stilepochen des Jazz noch mit evolutionärer Folgerichtigkeit aufeinander zu folgen, trat spätestens in den achtziger Jahren die Unübersichtlichkeit auf. Doch obwohl heutzutage ein alles dominierender Trend fehlt, gibt es zukunftsweisende Entwicklungen in allen Stil-Lagern zu entdecken. Dass selbst das von vielen für historisch-überkommen gehaltene Konzept von Thema-Improvisation-Thema mit neuen Inhalten zu füllen ist, demonstriert eindrucksvoll Kurt Rosenwinkel.
So frisch und unerhört klang schon lange keine Band mehr wie das Quartett des Gitarristen und Pianisten. Im Tenorsaxofonisten Mark Turner hat er einen Seelenverwandten gefunden, der gleichfalls nach neuen harmonisch-linearen Pfaden in bislang unerschlossene musikalische Gegenden sucht. Erinnern die beiden in ihrem intellektuellen Forschungsdrang einerseits an die Pioniere des Cool-Jazz, sind andererseits ihre Ergebnisse mit den oft blutleeren Gedankengebilden aus jener Zeit nicht zu vergleichen.
Eine Vielfalt von Ausdrucksschattierungen, von verhaltener Poesie bis hin zu Momenten von eruptiver Intensität, belebt die Musik von Kurt Rosenwinkel, der nicht nur kompositorisch, sondern auch als Gitarrist das Zeug hat, zu einem neuen Trendsetter und Stilbildner zu werden. Deutliches Anzeichen dafür: Hört man nach "The Next Step" die neue CD von John Scofield, erscheint der wie ein in Ehren ergrauter Altmeister.

Jürgen Schwab, 01.09.2007

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