Einige der großartigsten Mingus-Aufnahmen sind jene, bei denen jeden Augenblick das Chaos hereinzubrechen droht: Polyphon wie auf einem Rummelplatz, explosiv wie bei einem Vulkanausbruch, aufgebracht wie bei einer Revolution. Und wer würde da schon sein Instrument präzise stimmen oder exakt im Satz spielen. Nein, der individuelle Schrei ist gefordert, die Flucht nach vorne ins unentwirrbare Stimmennetz der Kollektivimprovisation.
Vieles davon lebt fort in der Mingus Big Band, wenn sie auch ein vergleichsweise disziplinierter Haufen sind. Und auch dies wieder mit Recht! Manches wollte das exzentrische Baßgenie Charles Mingus (das, vergessen wir es nicht, einige der zartesten Kompositionen des Jazz schrieb!), gar nicht so anarchisch und uneben, aber wenn eine Komposition am Tag der Uraufführung kaum fertig ist und das Ganze ungeprobt auch noch aufgenommen wird ...
Die Mingus Big Band ist im Gegensatz zu den meisten „Ghost“-Bands eine quicklebendige Formation, ihr tut das gut, was kaum einer anderen Band bekäme: Dass sie keinen festen Bandleader hat, dass die Mitglieder - Alt-Mingusianer und Junge - ständig wechseln (auf dieser CD Größen wie Randy Brecker und Gary Bartz und Neulinge wie Seamus Blake), aber in Beziehung zu Schlüsselfiguren wie dem Arrangeur Sy Johnson und der Witwe Sue Mingus stehen. Da ist jeder mit dem Repertoire vertraut, ohne dass es je zur Routine erstarren könnte.
Möge das geordnete Chaos auch in Zukunft nicht eingefroren, sondern stets neu erschaffen werden. „Live In Time“, nicht immer in tune und doch stimmig.
Marcus A. Woelfle, 31.01.1997
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