Nie zuvor hat Lee Konitz so viele Aufnahmen vorgelegt wie in den letzten fünf Jahren, in allen möglichen, oft kleinen Besetzungen, aber meist mit einer Gemeinsamkeit: Fast auf all diesen Alben hielt er mit einer beinahe schon rührenden Treue an Standards fest, die er schon oft gespielt hat. Das erstaunt, wenn man weiß, wie viele Originals er komponiert hat, und umso mehr, wenn man seine Einstellung kennt, sich möglichst nicht zu wiederholen, um immer wieder das Wagnis der Improvisation einzugehen. Gerade die unermüdlich rekapitulierten Standards verleiten dazu, auf einmal Er-improvisiertes zurückzugreifen, sind also ein besonderer Härte-Test.
Hat Konitz deshalb endlich ein Album vorgelegt, das nur aus Originalen besteht? Nicht unbedingt, denn sie basieren oft auf bekannten Vorlagen wie „Body and Soul“ und „All The Things“. Allerdings steht es um Konitz-Themen nicht anders als um die Komposition Lennie Tristanos oder Warne Marshs. Nur für den engsten Kreis der Cool-Jazz-Pioniere sind sie Standards, die meisten Musiker mit denen Konitz heute spielt, dürften sie nicht „draufhaben“. Aus diesem inzwischen sehr klein gewordenen Kreis stammt aber noch Ted Brown, ein stilistisch Warne Marsh nahe stehender Tenorist der Tristano-Schule, den es hier wieder zu entdecken gilt. Sein improvisatorisches Können hat in all den Jahren sträflicher Vernachlässigung durch Plattenfirmen kaum nachgelassen.
Auch die jüngeren Mitstreiter John Abercrombie, Marc Johnson und Joey Baron, denen man kein so nahes Verhältnis zur konitzschen Muse zutrauen würde, fügen sich mit bedächtigen Beiträgen in diesen Rahmen, der ganz von Konitz' gelassenem Alters-Alt geprägt ist. Vielleicht etwas zu gemessen, zu viel Medium-Tempo, werden die sagen, die den Konitz von 1950 im Ohr haben, der in oft atemberaubendem Tempo mit noch ätherischerem Sound die abenteuerlichsten Linien hervorzauberte.
Doch sieht man von der Abgeklärtheit und den rein physischen Möglichkeiten des Alters ab: Man braucht ein langsames Tempo, um ins Innere zu hören und von dort die noch „unerhörten“, ungespielten und doch zwingend passenden Töne hervorzuholen. Essenzialisten wie Konitz gibt es nur noch wenige, Leute die geschwind und uninspiriert ihre Finger spielen lassen, hingegen wie Sand am Meer.
Marcus A. Woelfle, 02.03.2000
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