Vor vierzig Jahren ebnete der Mann am Bass an der Seite Ornette Colemans den Weg zum Free Jazz, vor dreißig Jahren stieg der musikalische Revoluzzer mit dem Music Liberation Orchestra auch politisch auf die Barrikaden, wurde wegen seines Eintretens für die schwarze Befreiungsbewegung sogar verhaftet. Doch wer anno ‘99 von Charlie Haden nun eine Art Kosovo-Album erwartet, vergisst, dass er sich in den letzten Jahren mit seinem Quartet West zunehmend als Hüter des lyrischen Grals entpuppt hat, der seine Vorliebe für alte Filme, vergessene Gesangsstars und Trouvaillen aus dem American Song Book mit zart besaiteter Delikatesse zelebriert.
Zu einer Gipfelleistung unverhohlener Rührseligkeit zugespitzt, findet sich diese Tendenz in „The Art Of The Song“. Sein Pianist Alan Broadbent hat der Liebe süße Lieder – vom Broadway, aus Hollywood und eigener Feder – sowie Miniaturen von Rachmaninow und Ravel mit ausgezeichnetem Gespür für romantischen Stimmungszauber eingerichtet, lässt den schäfchenweichen Tenoristen Ernie Watts, die dezente Rhythmusgruppe und die schmachtenden Sänger von Streichern umnebeln.
Wenn Sie fest entschlossen sind, ins Reich holder Träume hinüberzuschweben, nur zu, vorausgesetzt, Sie haben da keinen inneren Zensor im Kopf, der Ihnen ins Ohr flüstert: „Ist doch Kitsch!“ Doch vielleicht sollten wir angesichts der trefflichen Sänger Shirley Horn, Bill Henderson und Charlie Haden (!) in Anlehnung an eine bekannte Werbung ausrufen: „Du darfst!“. Dass ich zwischen dem vierten und fünften Song eingenickt bin ... – ein Schuft, wer Schlechtes dabei denkt.
Marcus A. Woelfle, 31.03.1999
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