Wer legt eigentlich fest, dass eine Jazzplatte, die im Juni 2001 eingespielt wurde, die aktuellen Pop-Trends integrieren und die neuesten Entwicklungen der Musikelektronik ausloten muss? Ignorieren wir die Modernitäts-Apostel und unbeugsamen Anti-Traditionalisten und genießen wir die Spielfreude, mit der der Bassist Christian McBride, der Schlagzeuger Lewis Nash und der Pianist Cyrus Chestnut als Kern wechselnder Combos an den Soul-Jazz der fünfziger Jahre anknüpfen.
Die drei bilden eine sensationell swingende Rhythmusgruppe, und mit dem Vibrafonisten Stefon Harris, dem Trompeter Marcus Printup, dem Posaunisten Wycliffe Gordon sowie den Saxofonisten Gary Bartz und James Carter stehen ihnen in einigen Titeln großartige Solisten zur Seite. Ja, vordergründig handelt es sich um ein konservatives, an der Vergangenheit orientiertes Konzept. Aber auf welchem Niveau!
Da sind in packende Soul-Jazz-Nummern neben den offenkundigen Einflüssen von Horace Silver auch die Erfahrung der offenen, freien Improvisationen von Herbie Hancock aus den Sechzigern integriert, und sogar Miles Davis' zwischenraumreiches Trance-Konzept findet sich in den offen gehaltenen, manchmal von einem anderen Instrument fortgesetzten Linien wieder. Der wiederum - das lehren die Bücher und das Hören von Platten wie Ahmad Jamals "At The Pershing" und "Ahmad Jamal's Alhambra" - ließ sich von einem Pianisten inspirieren, den der Jazzkritiker Nat Henthoff als "Cocktail Pianist" abwatschte.
Sei's drum. Die elf Titel auf Cyrus Chestnuts Platte "Soul Food" füttern die Seele mit einer riesigen Portion guter Laune. So fröhlich, gelassen und entspannt klingen (leider) nur wenige Jazz-CDs.
Werner Stiefele, 15.11.2001
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