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N° 1354
20. - 26.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



Die finnische Komponistin Kaija Saariaho lebt seit fast zwanzig Jahren in Paris, und dies ist ihrer Musik auch anzuhören. Nicht, dass sie etwa auf Debussys oder Ravels Pfaden wandelte, doch die Beschäftigung mit der "Spektralmusik" (eine Kompositionstechnik, die auf der Analyse der Obertonreihen von Instrumental- und Vokalklängen basiert) von Gérard Grisey und Tristan Murail schlägt sich in Saariahos Tonsprache ebenso nieder wie ihre Studien am IRCAM, dem von Pierre Boulez gegründeten Pariser Institut für elektronische Musik.
Diese Vorlieben teilt sie mit ihrem Landsmann Magnus Lindberg (siehe Rezensionen), und tatsächlich gibt es gewisse Ähnlichkeiten zwischen den beiden, vor allem in den aufs Feinste austarierten klangfarblichen Werten. Doch Saariahos Musik fehlt der Glanz und die Wucht der Werke Lindbergs, sie ist stiller, introvertierter und auch weniger zugänglich. Die Konfliktscheu in der Konfrontation von Soli und Tutti führt dazu, dass die beiden konzertanten Werke der CD, "Amers" für Violoncello und Ensemble und "Graal Théâtre" für Violine und Orchester, eher wie ausgedehnte Monologe klingen. "Amers" klingt zudem noch etwas anonym nach bewährtem IRCAM-Rezept gefertigt, also Instrumentales und Elektronisches miteinander kombinierend. "Graal Théâtre" wartet mit deutlich persönlicheren Zügen auf, doch die siebenundzwanzig Minuten seiner beiden Sätze werden gelegentlich doch recht lang. Ich habe auch schon Werke gehört, in denen die klanglichen Möglichkeiten der Geige tiefer ausgelotet wurden.
Vollends in ihrem Element befindet sich die Komponistin jedoch in dem Liederzyklus "Château de l'âme" nach Texten aus Indien und Alt-Ägypten. Es gelingt ihr hier, mit unverbrauchten Mitteln reinsten Wohlklang zu produzieren, ohne dabei kompositorische Kompromisse einzugehen. Die fünf Sätze sind Dawn Upshaw auf den Leib und in die schlanke, biegsame Stimme geschrieben, zu der Orchester und, gelegentlich, Chor einen sanft und dunkel changierenden Hintergrund bilden.
Alle Interpretationen hinterlassen einen durchweg überzeugenden Eindruck, im Gegensatz zum Beiheft: Einerseits gibt es ein sehr aufschlussreiches Saariaho-Interview von Martin Anderson, andererseits fehlen sowohl die Gesangstexte als auch die Entstehungsdaten der Werke. Zum Ausgleich dafür erfährt man die Namen der Designer, die Salonens und Saariahos Kleidungsstücke entworfen haben.

Thomas Schulz, 01.09.2007


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