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N° 1354
20. - 26.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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John Dunstable

Geistliche Motetten

Clemencic Consort, René Clemencic

Arte Nova/BMG 74321 34055 2
(60 Min., 12/1995) 1 CD

"Er ist einer der ganz Großen, ja einer der bedeutendsten Komponisten der abendländischen Musik." Das schreibt René Clemencic in seinem einleitenden Text zu dieser Aufnahme. Plattencover-Rhetorik? Ja und nein, denn John Dunstable (etwa 1490 bis 1553) hat musikhistorisch tatsächlich immense Bedeutung. Vom breiten Publikum wird er allerdings nicht wahrgenommen, und selbst in Musikerkreisen ist der Engländer eher eine mystische denn eine bekannte Größe.
Dunstable, von dessen Person man kaum etwas weiß, gehört zu den Umwälzern der Musikgeschichte. Er verwendet wohl als erster reichlich Dur- und Molldreiklänge und fügt so der ganz horizontal denkenden frühen Polyfonie ungeahnten Wohlklang hinzu. Gerade diese Eigenschaft wurde schon zu seiner Zeit viel gerühmt, kopiert und nachgeahmt, besonders bei den Niederländern und in der französischen Vokalpolyfonie. Freilich sind diese neuen Harmonien nicht im Sinne einer modernen Funktionsharmonik zu verstehen, und so entsteht für den heutigen Hörer der eigentümliche Reiz einer kirchentonalen Aneinanderreihung von episodenhaften Klangverbindungen.
René Clemencic, als Komponist, Dirigent, Flötist, Musikwissenschaftler und Philosoph ein umtriebiger Tausendsassa, spielt in dieser Live-Aufnahme auf einem nachgebauten spätgotischen Orgelpositiv kurze Einleitungen und Zwischenspiele zu den Motetten, was der damaligen Praxis entsprechen dürfte. Die große Frage ist, wie viel Emotionalität bei der Aufführung in den Text und die manchmal endlosen Melismen gelegt werden soll und darf.
Bei Clemencic und den drei Solisten Bernd Lambauer, Johannes Chum (Tenöre) und Colin Mason (Bariton) kann man da eine gewisse Unbeteiligtheit, ja instrumentale Starrheit heraushören, obwohl auf Vibrato nicht ganz verzichtet wird. Die Ausführung ist sonst sehr sauber und gediegen, doch wirkt alles etwas eng - das Hilliard-Ensemble wählt für seine Aufführungen von Dunstables Musik eine weite Lage der Stimmen mit Kontratenor, was alles viel luftiger erscheinen lässt. Clemencic macht es dem Zuhörer dagegen nicht unbedingt leicht, sich dieser nahezu sechshundert Jahre alten Musik zu nähern.

Matthias Reisner, 01.09.2007


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