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N° 1353
13. - 24.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Robert Fuchs

Sämtliche Violinsonaten Vol. 1, op. 20, 77 & 95

Ursula Maria Berg, Oliver Triendl

Thorofon/Klassik Center CTH 2511
(71 Min., 7/2002, 10/2002) 1 CD

”Wer war Robert Fuchs?” hatte ich im Februar dieses Jahres anlässlich einer anderen bemerkenswerten Thorofon-CD (“Die Klavierquartette” mit dem Adorján Trio und Oliver Triendl) schon einmal Gelegenheit zu fragen. Vielleicht trägt die offenbar größer angelegte Beschäftigung mit der Musik dieses Wiener Meisters (1847-1927), die bei Thorofon begonnen wurde, zur Befreiung seiner Musik aus jener Ecke der Musikgeschichte bei, in die sie schon zu Lebzeiten des Komponisten geraten war: Weil Fuchs stilistisch wie auch hinsichtlich seiner persönlichen Beziehungen dem um die Jahrhundertwende langsam schwindenden Brahms-Kreis angehörte, verbrachte er seinen letzten Lebensabschnitt einsam und verkannt am Rande des mittlerweile zu ganz anderen Ufern strebenden Wiener Musiklebens.
Die für diese CD von Ursula Maria Berg (Konzertmeisterin des Kölner Gürzenich-Orchesters) und Oliver Triendl tadellos und sehr differenziert eingespielten Violinsonaten Nr. 1, 4 und 5 (von insgesamt sechs Werken dieser Gattung) vertiefen den Eindruck, den schon die Klavierquartett-CD vermittelte: Fuchs’ Tonsprache bewegt sich auf stets souveränem satztechnischen Niveau zwischen behaglicher Konventionalität und experimentierfreudiger Originalität, ohne allerdings eine vergleichbare Einzigartigkeit wie das große Vorbild Johannes Brahms wirklich zu erreichen. Das Spiel mit verschobenen Taktschwerpunkten und die melodische Koppelung von Achteln und Achtel-Triolen, wie sie etwa in der Sonate Nr. 4 E-Dur op. 77 zur Anwendung gelangen, erinnern an Brahms bzw. Dvořák. Besonders lebendig und spielfreudig bei gelegentlichem nachdenklichen Innehalten gibt sich der Kopfsatz der fünften Sonate in A-Dur, die Fuchs 1912 schon im Zustand der Vereinsamung schrieb; man staunt darüber, dass dieses nicht nur tonale, sondern sogar kaum chromatische Werk zu einer Zeit entstand, als Schönberg, Berg und Webern mit ihrer Musik schon für öffentliche Skandale in der Donaumetropole gesorgt hatten; auch das Lebenswerk des 1911 verstorbenen Gustav Mahler war schon abgeschlossen. Schnell ist man bei dieser Faktenlage mit dem Schlagwort "Anachronismus" bei der Hand; vielleicht trägt jedoch der Blick auf unsere eigene pluralistische und zudem vom Historismus geprägte Gegenwart zum wohlwollenden Verständnis eines Phänomens wie Robert Fuchs bei.

Michael Wersin, 01.09.2007


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