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N° 1354
20. - 30.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Jachet von Mantua

Lamentationes Jeremiae

Ensemble Jachet de Mantoue

Calliope/harmonia mundi CAL 9340
(63 Min., 2002) 1 CD

Die Gattung der mehrstimmigen Lamentatio erlebte im 15. und 16. Jahrhundert eine Hochblüte. Textgrundlage dieser Gesänge sind Auszüge aus jenen alttestamentlichen Klageliedern, die dem Propheten Jeremia zugeschrieben wurden und die die Zerstörung der Stadt Jerusalem im Jahre 587 beweinen; in der christlichen Liturgie werden sie in Verbindung gebracht mit dem vorösterlichen Leiden Jesu und haben ihren Platz daher im Stundengebet der drei Kartage. Zahlreiche Komponisten des Zeitalters der Vokalpolyphonie setzten Teile dieser frühmorgendlichen Lesungen in düstere, strenge und oft sehr ergreifende Musik. Zu ihnen gehört auch Jachet von Mantua (1483-1559), dessen vier- bis fünfstimmige Lamentationes im Jahre 1567 innerhalb einer Sammlung mit Gesängen für die Heilige Woche postum veröffentlicht wurden. Ihre musikalische Faktur ist durchaus zeittypisch: Als motivisches Material liegt den polyphon gearbeiteten Sätzen der sog. römische Lektionston, ein gregorianisches Rezitationsmodell speziell zur einstimmigen Darbietung der Lamentationes, zu Grunde; es wird immer wieder in der Oberstimme hörbar, seine Floskeln werden imitatorisch verarbeitet. Ausdrucksstarke "harmonische" Wendungen und ruhige Bewegung des Satzes sorgen für ernste Gestimmtheit.
Die vorliegende CD bietet die derzeit einzige Aufnahme von Jachets Lamentationen; wenn diese Stücke auch nicht maßgeblich aus dem Lamentationen-Repertoire ihrer Zeit hervorstechen, ist ihre Einspielung als Ergänzung des bereits aufgenommenen Repertoires dennoch prinzipiell zu begrüßen. Allerdings bewegt sich das in der Bretagne beheimatete Ensemble Jachet de Mantoue nicht ganz auf der Höhe des Interpretationsniveaus, das der Hörer heutzutage von einer solchen Gruppierung (vor allem, wenn diese sich erklärtermaßen aus erfahrenen Ensemble-Sängern zusammensetzt) erwarten darf: Vor allem an der sauberen Intonation, die zur vollen Entfaltung der Wirkung so sensibler Klänge unabdingbar ist, hapert es immer wieder, ferner auch an der klangfarblichen Kongruenz der Vokalisten. Man ziehe etwa die Einspielung der Brumel-Lamentationen durch die Tallis Scholars (Gimell) zum Vergleich heran: Die Qualitätssteigerung, die durch entsprechende Disziplin in den genannten Kategorien zustande kommt, ist frappierend. Somit übertrifft im Blick auf die vorliegende Einspielung leider der dokumentarische Wert den künstlerischen Rang des Produkts.

Michael Wersin, 01.09.2007


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