AliaVox/Harmonia Mundi 9851
(105 Min., 8/2006 - 9/2006) 2 CDs
Wenigstens die Franzosen haben es 2006 bemerkt - und natürlich auch der katalanische Gamben-Troubadour Jordi Savall. 2006 war nicht nur das Jahr Mozarts und Schostakowitschs, sondern auch das von Marin Marais. Vor 350 Jahren wurde er in Paris geboren und stieg zum ersten Gambisten am Hofe Ludwig XIV. auf. Heute steht sein Name im Barock-verrückten Frankreich genauso ganz oben wie überhaupt in der Alte Musik-Szene. Woran Savall nicht ganz schuldlos ist, der sich seit 40 Jahren mit dem Nachlass Marais´ beschäftigt. Doch in der Breitenwirkung scheint noch immer einiger Nachholbedarf zu bestehen. Wie anders ist es zu erklären, dass jetzt das dickleibige Booklet zur Gesamteinspielung der "Suitte d'un Goût Étranger" neben einer persönlichen Hommage von Savall noch einmal eine lesenswerte Biografie und Würdigung des Marais-Experten Jérôme de la Gorce bietet. Diese vorbildliche Aufmachung wird aber selbstverständlich noch von dem übertroffen, was Savall mit seinen langjährigen Musikerfreunden aus dem 33-teiligen Konvolut macht, das das zweite Kapitel des dreiteiligen, 1717 komponierten vierten Gambenbuchs bildet. Die prall gefüllte Akkordik und die mehrstimmige Würze, die Charakterstücke mit ihren mal tänzerischen, mal in ungeahnte Seelenbezirke aufbrechenden Reizen werden mit einer Brillanz und Zärtlichkeit in eine Balance gebracht, dass man sich daran nicht satthören kann.
Wer immer noch glaubt, die Gambe wäre nur spröde, zickig und selbstverliebt aristokratisch gestimmt, der wird allein von einer herrlich schwebenden und geistvollen Pièce wie "L´Ameriquaine" vom Gegenteil überzeugt. Vor solchen Überraschungen ist man selbst dann nicht sicher, wenn man Stücken begegnet, die zumindest bei Gambenfans längst Evergreenstatus besitzen. Dazu zählen die leicht verspielte "L´Arabesque", das auf die Melancholie konzentrierte "La Reveuse" und das Finalstück "Le Badinage" mit seinem kunstvoll abgesteckten Meditationsrahmen. Auch das ist in seiner erhabenen Ausdrucksfülle schlicht große Musik.
Guido Fischer, 05.01.2007
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