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N° 1353
13. - 24.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Leopold Godowsky

Sonate e-Moll, Passacaglia

Marc-André Hamelin

Hyperion/Koch 67300
(66 Min., 6/2001) 1 CD

Eine kleine Sensation war vor zwei Jahren die Gesamtaufnahme der 53 Transformationen, die der große Pianist Leopold Godowsky Chopins Etüden angedeihen ließ, auf der Schwelle zum 20. Jahrhundert. Der Interpret hieß schon damals Marc-André Hamelin, und die "kleine Sensation" hatte schlicht damit zu tun, dass diese Stücke als unspielbar galten. Hamelin bewies das Gegenteil - oder, wenn schon nicht die allgemeine "Spielbarkeit", dann doch die eigene transzendentale Virtuosität (ein guter Kandidat für das Etikett "Liszt des 21. Jahrhunderts", wenn's das denn braucht).
Jetzt geht er noch einen Schritt weiter in dieselbe Richtung: Godowskys Passacaglia über den Anfang von Schuberts "Unvollendeter" soll Horowitz zu dem Schreckensruf verleitet haben: "Hoffnungslos! Man braucht dazu sechs Hände!" (Das Etikett "Horowitz des 21. Jahrhunderts" passt also schon nicht mehr für Hamelin.) Die CD vereint die offenbar einzigen großen Original-Kompositionen des Pianisten Godowsky für sein Instrument - eine nicht minder großdimensionierte Sonate e-moll von 1910/11 tritt hinzu, ein fünfsätziges wilhelminisch-gründerzeitliches Monster, das gleichwohl immer wieder sehr intime Töne findet, graziöse, auch wunderbar sangliche.
Natürlich sucht man als professioneller Hörer in derlei Schwellenwerken von Kleinmeistern - den Komponisten Godowsky kann man wohl nicht anders nennen - die Einflüsse der "Großen", etwa so, wie in der sogenannten Kapellmeistermusik regelmäßig das auftaucht, was der Herr Kapellmeister gerne so dirigiert. Bei Godowsky hält sich das sehr in Grenzen, ein bisschen Brahms, ein bisschen Rachmaninow, ein bisschen Grieg und Chopin - ansonsten klingt das doch alles durchaus eigen, etwas getüftelt mitunter, aber mit vielen ungewohnten Lösungen.
Und Hamelin spielt es wieder göttlich - eisern beherrscht, wenn er mit seinen zwei Händen bewerkstelligt, wozu Horowitz glaubte sechs zu brauchen, und doch auch allzeit schwingend, singend im Stil des 19. Jahrhunderts, kalorienreduziert für das 21., ohne Magerquark daraus zu machen. Dieser frankofone Kanadier ist ein Teufelskerl, egal was er spielt: Reger, Grainger, Alkan, Godowsky... Wirklich spannend wäre es natürlich, ihn mal mit Haydn oder Mozart zu hören. Aber das braucht's auch nicht wirklich, das machen schon andere. Entscheidend ist, dass Hamelin Godowsky so spielen kann, als wär's etwas von Haydn oder Mozart...

Thomas Rübenacker, 01.09.2007


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