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N° 1353
13. - 24.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Robert Schumann

Klaviersonate Nr. 1, Kreisleriana

Murray Perahia

Sony SK 62786
(58 Min., 6/1997, 7/1997) 1 CD, DDD

Schon nach wenigen Sekunden wird jedem Hörer bei diesem atemberaubend farbigen, delikaten Klavierspiel das Wasser im Munde zusammenlaufen. Murray Perahias Schumann-Platte ist schon ihrer puren pianistischen Opulenz wegen ein Festschmaus. Was Perahia aber zu einem wirklich epochalen Schumann-Interpreten macht, ist sein architektonischer Balancesinn. Fabelhaftes Zerflattern mag mancher Pianist in Schumanns Werk (oder in sich selbst) entdecken, doch ein Klanggebäude zu errichten, das von seidenen Fäden zusammengehalten wird, bleibt nur den klügsten Künstlern vorbehalten. Hysterische Dinge mögen sich in diesem Gebäude wohl zutragen, aber es bleibt doch - eine fis-Moll-Sonate.
Noch niemals habe ich deren vierten Satz, der etwas unentschlossen zwischen Rondo-Schwung und neobarocken Rezitativanläufen pendelt, kraftvoller zur Ganzheit geschweißt gehört. Und in den veloce-Akkordkaskaden, wo der 1988 so gefeierte Ashkenazy nur gehämmertes Graumetallic bietet, brennt Perahia ein Feuerwerk ab, bei dem man schier zu atmen vergisst. Doch bei allem Strahlen zelebriert Perahia seine überwältigenden Klangzaubereien in einem weniger emotional durchglühten Rahmen.
Wer wie Perahia den lockenden Zentrifugalkräften dieser Musik besonnen widersteht, riskiert, dass seine Interpretation gelegentlich sogar ein wenig unspektakulär wirkt. Hat man Horowitz´ "Kreisleriana" im Ohr, mag man - um nur ein Beispiel zu nennen - bei Perahia die Beunruhigung durch die seltsam davonstrebende Basslinie im Schlussstück vermissen, das recht unexaltiert und geglättet wirkt. Doch Schumann fordert eben nicht nur freie, sondern "leichte" Bässe. Der erregende Schwund der Ganzheit bleibt gehauchte Ahnung, zerfasernde Interpretationswirklichkeit wird er nicht.
Perahias Königsweg zur Referenzeinspielung säumen Formsinn und Bändigung des Fantastischen. Außer der völlig unterschätzten Alicia de Larrocha dürfte es keinen weiteren Schumann-Interpreten auf der Welt geben, der diesem Ebenmaß die gleiche Tiefe unterlegen könnte. Ein grandioses Tondokument, eine einsame Klippe im Ozean der Mittelmäßigkeit. Wir wurden reich beschenkt.

Matthias Kornemann, 01.09.2007


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