Telarc/in-akustik CD-80681
(67 Min., 1/2007) 1 CD
Spätestens durch seine preisgekrönten Beethoveneinspielungen mit der Deutschen Kammerphilharmonie hat sich Paavo Järvi als einer der wichtigsten Dirigenten seiner Generation etabliert. Järvis Beethovenerfolg weckt jedoch auch das Interesse für die Aufnahmen, die der 45-Jährige in den letzten Jahren als Chef des Cincinnati Symphony Orchestra vorgelegt hat: Kann der Este seine US-Musiker zu ebenso elektrisierendem Spiel animieren wie die Bremer? Sorgt Järvis Gespür für das Spannungsverhältnis von Detail und großer Form auch bei Debussy, Rachmaninow und Bartók für neue Referenzaufnahmen? Die Tschaikowski-CD, die jüngste von Järvis US-Produktionen, kann solche Erwartungen leider nicht erfüllen: Vater Neeme Järvi hat offenbar versäumt, das von seinem Lehrer Mrawinsky ererbte Tschaikowskiwissen an den Sohnemann weiterzugeben. Der Vergleich von Järvis "Pathetique" mit dem gerade bei Warner wieder veröffentlichten Mrawinskymitschnitt zeigt denn auch deutlich, was hier fehlt: Ein Bewusstsein für die Dringlichkeit der Aussage, das erst den großen Atem schafft. Generalpausen beispielsweise sind bei Järvi keine Momente des Stockens, der bewusst werdenden Leere, sondern bloß formale Haltepunkte; die wehmütige Erinnerung an entschwundenes Glück im zweiten Satz wird prosaisch abgehandelt, dafür geht das finale Lamentoso zu sehr in die Breite. Dazu stellt das Orchester typischen US-Konfektionssound bereit: Flauschige Streicher, abgerundetes Blech – dort, wo Mrawinsky selbst schneidende Schärfen nicht scheut (etwa in der gehetzten Durchführung des Kopfsatzes) bleibt Järvi bloß gediegen. Eine Enttäuschung.
Jörg Königsdorf, 02.02.2008
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