Deutsche Grammophon 459 684-2
(82 Min., 8/1999) 2 CDs
Meistens bestätigen sich die abfälligen Kommentare von Konzertführern über die uninspirierte Orchesterbehandlung in Chopins Klavierkonzerten. Und hört man nicht gerade Martha Argerich, dann plätschern beide, Klavier- wie Orchesterpart, allzuoft dahin - ein schönes Einlullen in Chopins Schmelz ist garantiert.
Nun aber, zum Ausklang des Chopin-Gedenkjahres, wischt Krystian Zimerman mit seinem Polnischen Festivalorchester alles Bei- und "Geläufige" vom Tisch. Ein solcher Detailfanatismus, ein solches Hineinhören in jede scheinbar noch so nebensächliche Orchesterstimme, ein solches Ausloten jeder Phrase ist "unerhört" im wahrsten Wortsinn. Traumwandlerisch homogen der Dialog beider in jedem Rubato und Accelerando - und davon gibt es viele!
Nicht der kleinste Seufzer, nicht die kleinste Geste des Innehaltens oder plötzlichen Aufblühens gehen verloren in Zimermans Personalunion ("abgeguckt" habe er sich solche Dirigierkunst vom Klavier aus - man mag's kaum glauben!). Ob den düster aufwühlenden Eröffnungssatz, die Larghetto-Traumsentenzen (diese Anschlagsnuancen!) oder den rhythmischen Widerborstigkeiten der "Kehraus"-Sätze: so ernst wurden Chopins Konzerte noch nie genommen.
Das alles gelang und konnte nur gelingen mit langsamen Grundtempi (so dass zwei CDs nötig wurden). Andernorts hätte das Gähnen verursacht, unter Zimermans Händen aber entstand ein wunderbares Kaleidoskop chopinscher Seelenlandschaften. Viel Zeit durfte sich Zimerman auch beim wochenlangen Proben mit dem Orchester nehmen, das er zudem noch selbst zusammensetzte. Glückliche Polen - mit solchen Ausnahme- und Aufnahmebedingungen, glücklicher Hörer - mit diesem Ergebnis in Händen.
Christoph Braun, 07.10.1999
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Und glücklicher Leser, weil der irritierende Rechtschreibfehler (glü|klicher Hörer) endlich korrigiert wurde.
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