DG/Universal 073 4449
(103 Min., 2/1987) 1 DVD
Unter den großen Pianisten der Gegenwart ist Krystian Zimerman sicherlich der schwierigste: Immer rarer hat er sich im Konzertsaal und erst recht im Aufnahmestudio gemacht – allein die Freigabe eines Mitschnitts mit Brahms' d-Moll-Konzert konnte seine Plattenfirma ihm in den letzten zehn Jahren abtrotzen. In den Achtzigerjahren war der Pole da noch generöser und setzte sich für eine Auswahl aus seinem Chopinrepertoire und Schuberts erste Impromptu-Serie sogar vor die Filmkamera. Die 1987 entstandenen Aufnahmen dokumentieren gut das bedachtsame, klar abwägende Klavierspiel, das sich Zimerman wenige Jahre nach seinem furiosen Start mit dem Gewinn des Chopin-Wettbewerbs 1975 zugelegt hatte. Der Klang ist wohlklingend und rund, die Tempi sind auf Ruhe und Klarheit abgestimmt, was vor allem den lyrischen Passagen gut bekommt: Die Chopinballaden beginnt er mit berückend luzidem Liedton und auch das b-Moll-Scherzo ist bei ihm keine dämonische Hetzjagd, sondern eher ein kauzig-verspieltes Fantasiestück.
Fesselnd oder gar mitreißend ist Zimermans in sich ruhendes Klavierspiel allerdings nicht: Die Fantasie hätte schon im Trauermarsch einen unerbittlicheren, stählernen Zugriff gebraucht, die Barcarolle plätschert gemütlich, statt visionär zu flirren. Vollends ins Kippen geraten dann leider Schuberts Impromptus D 899: Lässt das c-Moll-Stück wenigstens noch einen Willen zu sprechender Phrasierung erkennen, wird der poetische, spontane Impuls in den Folgestücken durch betuliche Tempi und gedeckten Klang erstickt.
Jörg Königsdorf, 24.10.2008
Diese CD können Sie kaufen bei:
Als JPC- und Amazon-Partner verdienen wir an qualifizierten Verkäufen
Für diese Rezension gibt es noch keine Kommentare.
Ihre Wochenempfehlung der RONDO-Redaktion
An dieser Stelle finden Sie Inhalte eines Drittanbieters, die Sie mit einem Klick anzeigen lassen können.
Mit dem Laden des Audioplayers können personenbezogene Daten an den Dienst Spotify übermittelt werden. Mehr Informationen finden Sie in unseren Datenschutzbestimmungen.
Der spätbarocke Dichter Barthold Heinrich Brockes (1680–1747) begründete seinen Ruhm durch die 1712 entstandene Passionsdichtung „Der für die Sünde der Welt gemarterte und sterbende Jesus“. Mit dieser hochemotionalen Schrift war er so erfolgreich, dass gleich 13 zeitgenössische Komponisten diese vertonten, darunter Händel, Keiser, Mattheson und Stölzel. Auch Georg Philipp Telemann lernte den Text 1716 kennen und schrieb in seiner Autobiographie, dass „dessen Poesie von allen […] mehr