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N° 1354
20. - 30.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Ernst Krenek

What Price Confidence?, Songs

Ilana Davidson, Susan Narucki, Richard Clement, Christopheren Nomura, Linda Hall

Phoenix Edition/Naxos PE130
(76 Min., 8 u. 10/2006) 1 CD

Der Österreicher Ernst Krenek war kein Mann für nur eine Tonart. Im Gegenteil. Im Laufe seiner 91 Lebensjahre wusste er noch mit jeder Strömung und jedem Klangslang etwas anzufangen, ob es nun der Jazz, die Zwölftönigkeit oder der Serialismus war. Und wer beispielsweise noch Kreneks mit so manchem Ragtime gespickte Oper "Jonny spielt auf" im Ohr hat, mit dem ihm 1927 ein Jahrhundertwurf gelungen war, der lernt ihn in seiner Kammeroper "What Price Confidence?" op. 111 nun von einer ganz anderen Seite kennen. Die bereits 1945 im amerikanischen Exil komponierten, jedoch erst 1962 in Deutschland uraufgeführten neun Szenen zweier Ehen bilden vom Stoff her ein Leichtgewicht für Sängerquartett und Klavier. In dieser "Wohnzimmerkomödie", wie Librettist Krenek dieses Kleinod für jede Opernstudiobühne nannte, bröckelt jener Kitt, der seit Menschheitsgedenken für ein reibungsloses Miteinander sorgen soll. Es ist das gegenseitige Vertrauen, das selbst in den eingespieltesten Lebensgemeinschaften durchaus mal dunkle Flecken bekommen kann. Wie einst im viktorianischen London, wo sich hinter zwei gutbürgerlichen Wänden der Zweifel und das Misstrauen breitmachen. Und so kommt es, wie es von jeher schon immer gekommen ist: erst gären Trennungsgedanken, folgt auf den Partnertausch die Reue und schließlich das Happy End.
Dieser klassischen Dramaturgie hauchte Krenek aber nicht mit effektvoll gesetzten Pointen und Musikzitaten handfestes Leben ein, vielmehr setzte er auf eine musikalisch anspruchsvolle Schärfung des Geschehens. Expressionistische Kantigkeit und freitonale Spreizungen (besonders im Klavierpart) bilden hierbei die Grundfolie, zünden die jeweils zwei Sänger und Sängerinnen zwischendurch schon mal so manch melodramatische Rakete. Wenngleich Krenek in dieser rund 40-minütigen Minioper auf eine markante Charakterprofilierung der einzelnen vier Personen verzichtet hat, so wird man immerhin auf Anhieb in diesen wilden Gefühlskreisel hineingezogen. Was bei der Weltersteinspielung der englischen Originalfassung nicht zuletzt am durchweg souveränen, jede Kühnheit meisternden Sängerpersonal liegt. Ähnliche Anziehungskraft besitzen die insgesamt zehn, leider im Booklet mit keinem Wort erwähnten und ohne Opuszahl markierten Sololieder Kreneks. Dabei bieten die drei Zyklen, von den frühen Goethevertonungen (1927) über den kurz nach "What Price Confidence?" komponierten "Reigen" op. 112 bis zu den „Sauter-Liedern“ von 1972 ein faszinierendes Spektrum davon, wie Krenek das europäische Erbe mit der neuen Musikwelt verzahnte.

Guido Fischer, 14.03.2009


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