Sony Classical/Sony BMG 88697 16415-2
(132 Min., 10/2006) 2 CDs
Sie können auch anders. Vor allem die berühmten süddeutschen Knabenchöre haben, wenn sie nicht gerade als Diplomaten des reinen und unschuldigen Bayernlandes Omas zu Tränen rühren, ein gehöriges Wort auf dem anspruchsvollen Chor(sinfonischen)-Markt mitzureden. Der von Karl-Friedrich Beringer 2006 in der Berliner Philharmonie mit seinen Windsbacher Knaben eingespielte "Elias" dürfte zweifellos zum Dramatischsten gehören, was uns das Mendelssohnjahr diskografisch beschert. Und zum Ausgefeiltesten. Denn die Akkuratesse, mit der Beringer, seit gut 30 Jahren Leiter der Knaben- und (jungen) Männerstimmen, sich um das populärste Oratorium des 19. Jahrhunderts kümmert, ist staunenswert. Wobei dieses Lob gerade nicht den Zisch- und t-Lauten gilt, die Textverständlichkeit garantieren sollen (wen interessiert in Fugen der Text?!). Sondern Beringers Gespür für kompakte Dramatik und suggestive Klangbilder, von denen Mendelssohn bekanntlich, man denke nur an die in geheimnisvoll-schauriges E-Dur gekleidete Gotteserscheinung auf dem Berg Horeb, ein ganzes Füllhorn ausgegossen hat.
Was Schlagkraft und Pianogeschmeidigkeit angeht, so kann den Windsbachern kaum eine Kollegentruppe das Wasser reichen. (Dass Knabensoprane naturgemäß nicht die gerundete Wärme ausgereifter Frauenstimmen ausstrahlen und die sprichwörtlichen Engelsgesänge wie "Hebe deine Augen auf" dann doch ein Spur zu kindlich-kitschig geraten – geschenkt!) Mit Ausnahme eines etwas schwächelnden Markus Schäfer hat Beringer auch auf den anderen Posten, insbesondere beim wunderbar flexibel aufspielenden DSO, eine glückliche Hand bewiesen. Wobei Alexander Marco-Buhrmester eine Idealbesetzung des Titelhelden abgibt: Mit baritonaler Macht präferiert er die unnachgiebige, herrische Seite des Gotteseiferers und lässt die resignativen Anzeichen (im zweiten Oratorienteil) nie zu Rührseligkeiten verkommen. Schon deshalb sollten sich Shaw und Adorno noch posthum schämen für ihr bitter-böses Wort vom "glatten" Komponisten mit der "Glacéhandschuh-Vornehmheit".
Christoph Braun, 17.04.2009
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