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N° 1353
13. - 24.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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David Popper

Hohe Schule des Violoncello-Spiels op. 73

Dmitry Yablonsky

Naxos 8.55 7718-19
(90 Min., 11/2004 u. 3/2006) 2 CDs

Es ist wahrscheinlich gar nicht mal so überspitzt, zu sagen, dass sie bald Tonleitern aufnehmen werden. In ihrer Verzweiflung darüber, die 125. Einspielung der Brahmssinfonien oder den 62. "Figaro" nicht mehr verkaufen zu können (es sei denn, Anna Netrebko singt Susanna), leuchtet die Industrie auch noch jede zugestaubte Repertoirenische aus, um "neues" Material aufzustöbern. Komponisten, von denen selbst der Kenner noch nie etwas gehört hat, spielen plötzlich Hauptrollen, die sie sogar zu Lebzeiten nicht gespielt haben; und große Komponisten werden kompromittiert mit Werken, die sie wohl selber lieber vergessen hätten oder haben, die aber irgendwer in irgendeiner Truhe auf irgendeinem Dachboden "ausgrub". Inzwischen sind die Übungswerke dran. Im letzten Jahr gab's bereits die Folterwerkzeuge für angehende Pianisten, die Schulen Carl Czernys, in einer hochvirtuosen, ansonsten aber bedeutungslosen Einspielung. Und jetzt also die "Hohe Schule des Violoncello-Spiels" op. 73 von David Popper. Sogar der Rezensent, selber Cellist, muss konstatieren: Selten so gegähnt. Abwechselnd mit Atembeklemmungen in memoriam der grausameren Momente während des Cellounterrichts. Wozu ...?
David Popper, einer der größten Cellisten des 19. Jahrhunderts, war ein drittklassiger Komponist (sogar seine Salonpiècen sind manchmal trocken Brot) und als Lehrer offenbar ein strenger Zuchtmeister. Seine "Hohe Schule" ist wie Glas-essen-Müssen, auch wenn das Glas so feingestampft ist wie in dieser ebenfalls virtuosen Aufnahme. 40 Etüden für Violoncello solo hintereinander – jede einer jeweils anderen abwegigen Technik gewidmet –, die nur bewirken sollen, dass man mit Haydn oder Schumann oder Dvorák besser fertig wird – darauf ist Dante im Inferno seiner "Göttlichen Komödie" nicht gekommen. Kein Zweifel, Yablonsky ist ein hochversierter Cellist (und übrigens auch Dirigent), aber nicht einmal für Celloschüler, die dieses Gefummele im Unterricht selbstverständlich ertragen müssen, kann die Aufnahme empfohlen werden: Die könnte sie nämlich eventuell so einschüchtern, dass sie das Cellospiel lieber gleich aufgeben und Metzger werden. Wie gesagt, am Ende landen wir vielleicht noch bei Tonleitern auf CD. Oder bei Sängern, die im Aufnahmestudio das Telefonbuch rauf- und runtergurgeln. Ein ranker Schwachsinn, das.

Thomas Rübenacker, 09.05.2009


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