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N° 1354
20. - 26.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



Liebe kann bekanntlich bisweilen ungeahnte Energien freisetzen, so wird es auch im Mythos des "Rasenden Roland" erzählt, den der Renaissancedichter Ariost populär gemacht hat. Der Stoff um den christlichen Helden Orlando, bei dem es wie üblich um große Gefühle geht, hat unter anderem Händel zu einer Oper inspiriert. Ihr war 1733 zwar nur ein Achtungserfolg beschieden, unter Händels Opern nimmt sie jedoch eine Ausnahmestellung ein, denn meisterhaft gelingen die Personencharakterisierung und die formale Gestaltung.
Die Züricher Inszenierung von Jens-Daniel Herzog aus dem Jahre 2007 verlegt die Handlung ins frühe 20. Jahrhundert: Der liebeskranke Held, der sich betrogen glaubt, wird in einem Sanatorium therapiert und schließlich geheilt. Dies führt zwar gelegentlich zu einer skurrilen Diskrepanz zwischen Text und Bühnengeschehen, die Konflikte um falsches Spiel, Verstellung, verschmähte und geheuchelte Liebe geraten durch die Modernisierung und durch eine geschickte Personenregie jedoch realitätsnah.
Herausragend Marijana Mijanovič in der gewichtigen Titelpartie: Mit androgyn dunkel timbriertem Alt gestaltet sie die ursprünglich für den Kastraten Senesino komponierte Partie virtuos und darstellerisch überzeugend, beispielsweise die Wahnsinnsszene am Ende des 2. Aktes. Ebenfalls beeindruckend der einzige männliche Sänger im Ensemble, Konstantin Wolff, der mit sonorem Bass Zoroastro, hier nicht Zauberer, sondern Klinikdirektor, überragende Autorität verleiht.
Die Barockformation La Scintilla des Zürcher Opernhauses unter dem Händelspezialisten William Christie präsentiert die facettenreiche Partitur klanglich abwechslungsreich, bisweilen opulent, aber auch kammermusikalisch. Besonders faszinierend die flexible Gestaltung der Tempi.
Der Livemitschnitt – Publikumsreaktionen, aber auch manche Unsauberkeit im Graben und auf der Bühne sind nicht zu überhören – setzt Händels Werk lebendig und optisch gelungen in Szene.

Peter Overbeck, 11.07.2009


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