Audite/Edel 1095605ADT
(73 Min., 1952) 1 CD
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Audite/Edel 1095631ADT
(76 Min., 1952 u. 1953) 1 CD
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Der gebürtige Russe Igor Markewitsch zählt bis heute zu den unbestritten scharfsinnigsten Dirigenten und versiertesten Sachverwaltern der klassischen Moderne. Dennoch blieb ihm zeitlebens der Chefposten bei einem A-Orchester verwehrt (ein Schicksal, das er mit den gleichgesinnten Kollegen René Leibowitz und Hermann Scherchen teilte). Zwangsläufig ist auch Markevitchs diskografisches Erbe gerade mal zufriedenstellend – aber nur, was die Quantität angeht. Da Markevitch glücklicherweise ein gern gesehener Gastdirigent bei Rundfunkorchestern war, schlummern andererseits in den Archiven immer noch bislang ungehobene Tondokumente mit Sensationswert. Wie im Fall der beiden jetzt erschienenen CDs mit Aufnahmen aus den frühen Fünfzigerjahren, die Markevitch mit dem RIAS-Symphonie-Orchester gemacht hat.
Die Konzertmitschnitte und Studioeinspielungen decken vorrangig Markevitchs Engagement für das Repertoire aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ab (Arthur Honeggers 5. Sinfonie ist sogar erst 1951 uraufgeführt worden). Und das RIAS-Symphonie-Orchester, das in jenen Jahren von seinem Chefdirigenten Ferenc Fricsay zu einem absoluten Spitzenorchester geformt worden war, ist nicht nur mit Feuereifer zu erleben. Die RIAS-Musiker schienen bei den Proben die Ideen und Forderungen Markevitchs bis aufs i-Tüpfelchen verinnerlicht zu haben. In Albert Roussels, zwischen Impressionismus und Neo-Klassizismus ausbalancierten "Bacchus et Ariane" oder in Maurice Ravels "Daphnis et Chloé"-Suite Nr. 2 werden die Klangschichtungen freigelegt und sogleich mit einer fulminanten, aber eben nie verschwimmenden Koloristik aufgeladen. Die sechs von Markevitch orchestrierten Lieder von Modest Mussorgski geraten auch dank der großartigen, lettischen Sopranistin Mascia Predit zu innigen, aber pathosfreien Reflexionen über die Einsamkeit. Höhepunkt dieser Erstveröffentlichungen ist aber natürlich Markevitchs archaische Gangart in Strawinskys "Le sacre du printemps". Und der historische Klang, der bei allen Hi-Fi-verwöhnten Ohren nervöses Zucken auslösen wird, ist hier nicht etwa Zeugnis einer vergangenen Epoche, sondern entpuppt sich in dieser ultra-modernen Interpretation als integraler und somit sinnstiftender Parameter.
Guido Fischer, 22.08.2009
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