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N° 1354
20. - 29.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Paul Dessau

2. Sinfonie, In memoriam Bertolt Brecht u.a.

Ksenija Lukic, Manuela Bress, Holger Groschopp, Deutsches Symphonie-Orchester Berlin, Roger Epple

Capriccio/Naxos 5019
(70 Min., 2/2004, 2/2008) 1 CD

Der Beruf des Staatskünstlers, der inzwischen als durch und durch politisch unkorrekt angesehen wird, ist zwar zumindest in Europa nach dem Zusammenbruch der Zwangssysteme verschwunden. Doch selbst integerste Komponisten würden es heute sicherlich insgeheim mit Stolz erfüllen, wenn ein Staatssekretär sie bitten würde, vielleicht eine neue Nationalhymne zu komponieren. So wie es ehemals auch ein Hanns Eisler tat, als es darum ging, die offizielle Visitenkarte der jungen DDR musikalisch zu gestalten. Wahrscheinlich hätte auch der bekennende Sozialist Paul Dessau sich nicht zwei Mal bitten lassen. Als er nach dem Krieg seine Heimat in Ost-Deutschland fand und dort die ideologische Fahne kräftig mit Huldigungskantaten hochhielt. Dessau hatte da nicht nur beschwerliche Exiljahre hinter sich. Künstlerisch war seine Entwicklung vom handfest-sachlichen Sound der Zwanzigerjahre, von Schönbergs Zwölfton-Paradigmen und schließlich von Bertolt Brecht geprägt. Und genau auf diesen Radius hat sich das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin unter Roger Epple nun bei seinem Dessauporträt konzentriert – im Gedenken an den vor genau 30 Jahren verstorbenen Komponisten.
Durch ein großes Grabeswerk wird auch die Aufnahme gleich eröffnet: mit "In memoriam Bertolt Brecht" als eine beklemmende wie verstörend kraftvolle Trauermusik-Szene, in die Dessau 1957 gleichsam als letzten Gruß an seinen Freund das berühmte "Lied der Mutter Courage" hineingestellt hat. Die übrigen Werke stammen hingegen allesamt aus den Zwanziger- und Dreißigerjahren. Wobei Dessau 1962 die bereits 1934 komponierte 2. Sinfonie um einen vierten Satz erweiterte ("Hommage à Bartók") und in dem neben den osteuropäischen Rhythmen sich noch einmal der Hollywood-Komponist Dessau zu erkennen gibt. Die stark konturierte und motorisch äußerst bewegliche "Sinfonie in einem Satz" (1926) des bereits 30-Jährigen trägt gerade im bombastisch sich auftürmenden Finale so manche volksmusikalischen Züge, die elf Jahre später in "Danse et Chanson" iberischen Schwung bekommen sollten. Im Verlaine-Vokalzyklus "Les Voix" beschäftigte er sich ab 1939 schließlich in seiner dodekafonisch gestalteten Unruhe mit den Schrecken des Kriegs. Auch angesichts der beeindruckenden Präsenz und Intensität der Interpreten begegnet man da unmittelbar dem bekennenden Menschenfreund und Pazifisten Dessau, der hier weder Pathos noch Strategien bemühen musste, um aufzuwühlen und zu mahnen.

Guido Fischer, 05.09.2009


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