Decca/Universal 478 1525
(70 Min., 9/2006, 1/2009) 1 CD
Natürlich muss das Gewandhaus in diesem Mendelssohn-Festjahr etwas Besonderes bieten. War der traditionsreiche Musentempel doch für seinen bedeutendsten Kapellmeister, der hier ab 1835 zehn Jahre lang tätig war, zeitlebens musische Heimstatt. Dass Mendelssohn Leipzig zu musikalischem Weltruhm verhalf, dankte die Pleißestadt dem "Vollblutjuden" (so ihr NS-Bürgermeister Rudolf Haake) bekanntlich nicht immer. Dank Kurt Masur und dem derzeitigen Gewandhauschef ist man sich aber des erstrangigen Erbes wieder bewusst. Schon sein Antrittskonzert bestritt Riccardo Chailly mit dem "Lobgesang", und zwar in der von Mendelssohn verworfenen Erstfassung. Nun geht der Italiener, flankiert von der gerade erschienenen Leipziger Mendelssohn-Gesamtausgabe, seinen Weg der "Entdeckungen" weiter. In der von Thomas Schmidt-Beste edierten "Londoner" (Früh-)Fassung der Schottischen Sinfonie (mit der sich der ewig unzufriedene Selbstkritiker quasi lebenslang beschäftigte) weisen die Ecksätze einige markante Auffälligkeiten gegenüber der gängigen Version auf. Noch spannendere Einblicke in die Komponistenwerkstatt gewährt die 1830 in Rom vollendete, von Christopher Hogwood erstellte Erstfassung der Hebriden-Ouvertüre. Wobei allerdings, Entdeckergeist hin, Urfassungen her, den späteren Versionen dann doch der Vorzug zu geben ist – ihrer größeren Stringenz wegen. Beim fragmentarisch überlieferten Klavierkonzert in e-Moll liegen die Dinge naturgemäß anders: Marcello Bufalini hat das Werk, das im Vergleich zu den beiden bekannten Geschwistern tiefgründiger, weniger brillant daherkommt, aus den Skizzen rekonstruiert und das Rondo-Finale nahezu ganz "in Mendelssohns Stil" neu geschaffen. Gerade Letzteres bleibt natürlich ein Wagnis. Aber ein durchaus gelungenes, wenn man derart atmosphärisch dicht, mit Mendelssohn'schem Esprit und Sinn für Gesanglichkeit zu Werke geht wie Roberto Prosseda. Vor allem aber unterstreicht das herrlich agil und forsch aufspielende Gewandhausorchester, dass es unter Chailly wieder eine erste Adresse geworden ist für seine großen romantischen Ahnherren, erst recht für Mendelssohn.
Christoph Braun, 30.10.2009
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