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N° 1353
13. - 24.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



Das Leben als Bühne – ein Coup wär's gewesen, im Frühling 2007: Das neue Musen-Traumpaar lernt sich realiter kennen und betritt heiratswillig als Susanna/Figaro Mozarts Opernbühne! Doch die Züricher mussten sich mit Erwin Schrott allein begnügen (seine Anna/Susanna Netrebko war bekanntlich schon im Sommer zuvor in Salzburg tätig gewesen). Aber was heißt da begnügen! Vor allem die Züricherinnen dürften diesen muskulösen, im blendend weißen Schiesser-Doppelripp, später im feschen Lederdress und Frack auftrumpfenden Figaro goutiert haben. Als wahrhaft potenter Latinlover mit machtvollem Bassbariton wirft er jegliche Diener-Unterwürfigkeit ab und macht seinem Grafen Almaviva mit der Kastrationsschere klar, was er von dessen Herrenrecht auf die "erste Nacht" hält (wobei er anfangs vor Selbstbewusstsein gegen das flotte Dirigententempo geradezu anzusingen scheint). Seine bodenständige Susanna ist – mit unmissverständlicher Geste die Absichten ihres Herren entlarvend – nicht minder selbstbewusst. Auch stimmlich hat sie alles Recht dazu, so schlank und spritzig mimt Martina Janková ihre intrigante Sopranheldin. Gegen sie hat ihr gräflicher Verehrer "nur" stimmlich eine Chance: mit seinem agilen, farbenreichen Bariton. Ansonsten aber wünscht man Michael Volles Midlife-Crisis-gestresstem Möchtegern-Don-Giovanni nur etwas mehr Ruhe. Seine tief verletzte Aristokratengattin verkörpert Malin Hartelius mit Charme und Würde – ein Eindruck, den auch ihr in tieferen Lagen angeschlagener Sopran nicht schmälert. Und der über allem schwebende Eros? Judith Schmid wirbelt ihren dauergeilen Cherubino so quirlig umher, wie es diesem androgynen Lustgeist ansteht. Und wie es Sven-Eric Bechtolf mit Esprit und – siehe oben – drastischem Witz erdacht hat. Statt mit äußerlichen Blickfängen (ein paar Umzugskisten in der mediterranen Villa ermöglichen bestens die Verwechslungs- und Versteckspiele) überzeugt der Regisseur mit einer blutvollen Personenführung, der man stets gebannt folgt (und die das Fehlen politischer Ambitionen vergessen macht). Das gilt erst recht für Welser-Mösts Dirigat: Das Fluidum dieses "tollen Tages" hat er kongenial eingefangen, so fulminant-komödiantisch wie graziös. Fürwahr eine Züricher Mozart-Sternstunde.

Christoph Braun, 02.01.2010


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