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N° 1354
20. - 26.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Johannes Brahms

Nänie, Gesang der Parzen, Alt-Rhapsodie, Schicksalslied

Alice Coote, Chor des BR, Bamberger Symphoniker, Robin Ticciati

Tudor Classics/Naxos TUD7167
(48 Min.)

Noch so ein junger quirliger Wuschelkopf nach Gustavo Dudamel. Im Unterschied aber zum Venezolaner begibt sich der 27-jährige Brite Robin Ticciati bei seinem sinfonischen Plattendebüt gleich in die tiefsten deutschen Geistesgründe. Das ist wohl (auch) dem Klangkörper geschuldet, dem der Shootingstar und Rattle-Schüler seit diesem Jahr als Erster Gastdirigent vorsteht und dessen Tradition (Keilberth, Knappertsbusch, Jochum, Stein) wie nur die von wenigen anderen Ensembles mit der deutschen Sinfonik verbunden ist. Noch so jung und doch gleich diese (weltliche) Chorsinfonik mit dem von Ernst und antiker Schicksalstragik getragenem Pathos Schillers, Goethes und Hölderlins, das Brahms (mit ganz eigenen Wendungen) so ergreifend in Töne setzte? Ob seiner Jugendlichkeit geschuldet oder nicht: Ticciati wühlt nicht unbedingt am (Ab-)Grund dieser ausdrucksdichten Gesänge, sondern gibt ihnen, in durchweg flüssigen Tempi und Stimmführungsklarheit, etwas Unschuldig-Unvoreingenommenes. Dazu passt, beispielsweise, wie er die C-Dur-Aufhellung der (von Brahms so persönlich-tragisch aufgeladenen) Alt-Rhapsodie vorwärts pulsieren lässt – was wiederum Alice Cootes noch recht jungem Mezzo zugute kommt. Umgekehrt werden die düsteren "Parzen"-Passagen ebenso wie die schauderlichen "Klippen" des Schicksalsliedes betont harsch herausgeschleudert. Aber die Kehrseite wiegt nicht minder: Ticciati lässt, schmerzlich gerade in der "Nänie", oft jene innere Ruhe (etwa im Schreiten des Zweier- gegen den Dreierrhythmus) und jenes großflächige Legato vermissen, mit dem Brahms den Fatalismus seiner Vorlagen so unvergleichlich ins Sehnsuchtsvoll-Friedliche uminterpretierte (und das beispielsweise Abbado in seinen Berliner Aufnahmen wunderbar zu bannen verstand). Insofern geht, dem Klischeebegriff zum Trotz, einiges verloren von der Brahms'schen "Tiefe" – unbesehen auch der so typisch mittelstimmengesättigten Wärme und Sonorität der Bamberger Musiker. Schließlich hätte man Michael Gläsers kraftvoll intonierendem BR-Chor nicht nur am nebulösen "Nänie"-Beginn etwas mehr tontechnische Aufmerksamkeit gewünscht.

Christoph Braun, 17.07.2010


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