Seine letzten Alben erschienen bei RCA Victor, doch das Label Nagel-Heyer, das mit vielen herausragenden Produktionen an seinem Ruhm beteiligt ist, verfügt noch über eine Reihe veröffentlichter und unveröffentlichter Einspielungen aus den neunziger Jahren. Aus ihnen wurde dieser Sampler zusammengestellt: Von unterschiedlichen Größen wie Howard Alden, DaveMcKenna oder Oliver Jackson begleitet, zelebriert Allen Balladen - sinnlich und raffiniert, unter die Haut gehend.
Wie gut Harry Allen schon 1996 Stan Getz imitierte, zeigt hier die Bossa "O Grande Amor". Inzwischen hat er diese zweifelhafte Gabe bis zur Unheimlichkeit perfektioniert. Wer Allen 2000 live gehört hat, weiß, dass er inzwischen so hinreißend gut und zugleich erschreckend unoriginell klingt, dass selbst eine parapsychologische Erklärung dafür plausibel erscheint: Stan Getz muss von den Toten auferstanden und in die Seele seines Jüngers gefahren sein, damit seine Kunst nicht aussterbe. Monokultur ist aber nicht nur in der Ökologie schädlich.
Geradezu beglückend sind nach dem ebenso faszinierenden wie enttäuschenden Live-Erlebnis diese älteren, noch stilistisch unterschiedliche Ansätze vereinenden Interpretationen. Die Aufnahmen erinnern daran, was für eine Persönlichkeit Allen vor seiner "Getz-Besessenheit" war und hoffentlich bald wieder sein wird: Ein Tenorist, der hörbar auch Zoot Sims, Al Cohn, Paul Gonsalves schätzt, sich zwar bevorzugt immer wieder vor Ben Webster und Stan Getz verbeugt, aber mit einer eigenständigen Mischung der Vorbilder überzeugen konnte.
Wo Allen à la Webster spielt, hier etwa auf "Sophisticated Lady", liegt der Genuss für den Hörer darin, dass Allens persönliche Note eine Verwechslung mit "Frog" unmöglich macht. Aber vielleicht ist es wirklich Allens Ziel, die eigene Note möglichst aus dem Spiel zu lassen? Dann identifiziert er sich jetzt aus Enttäuschung über die Unverwechselbarkeit mit Webster nur noch mit Getz.
Marcus A. Woelfle, 07.12.2000
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