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N° 1354
20. - 30.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Max Reger

Sämtliche Werke für Violine und Orchester

Kolja Lessing, Göttinger Symphonie Orchester, Christoph-Mathias Mueller

Telos/Naxos TLS 097
(79 Min.)

Schon der Vater hatte es dem Kind nicht leicht gemacht. Zunächst ganz angetan von seinem Sprössling – "er wird gut, frisch und frech!" – und freudig dessen erste Erfolge genießend, erkennt der Vater plötzlich Missbildungen an ihm und will es vor der Öffentlichkeit verbergen. Die Rede ist von Regers A-Dur-Violinkonzert, das bis heute den Aufstieg in den Olymp der Gattung nicht geschafft hat. Arthur Nikisch führte es im Oktober 1908 im Gewandhaus mit dem Reger-Freund und Widmungsträger, Henri Marteau, erstmals auf. Nachdem der Komponist ein Jahr später Fritz Busch kennengelernt, und der junge Wundergeiger nach anfänglicher Begeisterung zunehmend die überladene Orchestrierung des Werkes kritisiert hatte, wandte sich auch sein Schöpfer missmutig von seinem Kind ab.
30 Jahre später, also lange Zeit nach Regers Tod, legte Busch eine eigene Neuorchestrierung vor, die nun erstmals auf Platte zu hören ist. Die Fassung ist im Vergleich zur Originalversion (eingespielt von Scherzer/Blomstedt bzw. Peinemann/Hauschild) in der Tat luzider und stringenter; gleichwohl wird auch sie sich kaum neben den beiden großen Vorbildern Beethovens und Brahms' behaupten können. Auch wenn es nach dem beliebten Reger-Klischee klingt: Die fast einstündige Dauer des spätromantisch-hypertrophen "Riesenbabys" (Reger), seine unablässigen Modulationen und die verwickelte Stimmführung überfordern und ermüden. Wobei einem der emphatisch aufspielende Kolja Lessing und seine vorzüglich einstudierten Göttinger Begleiter immer wieder Regers famosen Einfallsreichtum nahebringen, sozusagen die zahllosen kleinen Perlen, die nur eben – vor allem im fast halbstündig mäandernden Anfangs-Allegro – eine zu opulente Kette ergeben. Weniger ist bzw. wäre mehr gewesen, diesen Eindruck vermittelt die vorliegende Gesamteinspielung aller Violin-Orchesterwerke mit den drei an Beethoven und Brahms bzw. Bach gemahnenden Zugaben, den beiden "Romanzen op. 50" und der "Aria op. 103a". In ihrer fasslicheren Form und ihrer wehmütigen Fin-de-siècle-Atmosphäre sollten sie unbedingt verstärkt unsere Konzertsäle beleben. Kolja Lessing liefert dafür die mustergültige Vorlage.

Christoph Braun, 18.06.2011


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