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N° 1354
20. - 26.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Anton Bruckner

Celibidache probt Bruckners Neunte (Ein Film von Jan Schmidt-Garre)

Münchner Philharmoniker, Sergiu Celibidache

Arthaus/Naxos 101555
(59 Min., 1991)

"Eine Probe ist nicht Musik. Ein Probe ist die Summe unzähliger 'Nein!' und 'Nicht so!': 'nicht so schnell, nicht so laut, nicht über dem Fagott!' ... Wie viele 'Neins' und 'Nicht so' gibt es? Millionen! Und wie viele 'Ja'? Nur eines!" Sergiu Celibidache war, wie in Jan Schmidt-Garres denkwürdigem Probenmitschnitt mit Bruckners Neunter aus dem Jahre 1991 zu erleben, ein wahrlich gründlicher Nein-Sager. Bob Ross, Hornist und Gründer von Blechschaden, dem kurios-virtuosen Bläserensemble der Münchener Philharmoniker, weiß ein Lied davon zu singen: Der Maestrissimo rüffelte ihn einmal mehrfach an derselben Stelle – bis es dem kleinen, gewitzten Schotten zu bunt wurde und er gar nicht mehr spielte. Was Celibidache aber nicht hinderte, ihn nochmals zu korrigieren. Nicht wenige Kollegen, so Ross, gingen angstschweißgebadet zu seiner Probe. Allerdings saß man auch bald wieder im Chefzimmer zusammen und ließ die Flasche Rotwein oder den Whisky kreisen ...
Von solchen Philharmoniker-Alltags-Widrig- und Nettigkeiten erfährt man auf dieser DVD des Celibidache-Freundes und -Vertrauten Schmidt-Garre leider nichts. Viele Jünger des Maestro, Musiker, Schüler, Hörer, wollen auch davon nichts wissen, erst recht nicht hier, beim Allerheiligsten der Gemeinde, wo Mystiker auf Mystiker trifft – Celibidache und Bruckner. Die DVD bedient gewissermaßen beide Seiten der 'Erscheinung' Celibidache/Bruckner: den akribischen, faszinierend kundigen wie enervierend dauermäkelnden Partiturarbeiter und den Philosophen (Husserl- und Spranger-Schüler) bzw. indischen Guru mit Taktstock, für den es keine 'Interpretation' gibt, sondern nur konkretes Erleben von Musik als höherer Bewusstseinsform im Hier und Jetzt. Den von Schmidt-Garre im Fünfminuten-Takt eingeblendeten Weisheiten Celibidaches kann, muss man aber nicht glauben. Insofern dürfen sowohl Celi-Skeptiker wie auch -Bewunderer Nutzen aus der DVD ziehen. Ein Dokument ist sie allemal – auch für den Schreiber dieser Zeilen, einen bekennenden Celi-Skeptiker bzw. – so die Kategorie der 'Gemeinde' – ein 'Nichtversteher', dem die mäandrierenden Tempi des älteren Maestro, mögen sie noch so sehr von einer orchestralen Atemsäule bewusstseinsphilosophisch untermauert sein, seit jeher gehörig auf die Nerven gingen.

Christoph Braun, 02.07.2011


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