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N° 1353
13. - 24.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Frédéric Chopin

Scherzi 1-4, Mazurken, etc.

Ivan Moravec

Supraphon/Codaex SU 4059-2
(57 Min., 11/1989)

Das unvergleichliche Klavierspiel des mittlerweile 80-jährigen, immer noch konzertierenden Ivan Moravec fordert uns eine innere Haltung ab. Wer überwältigt werden möchte von überbordender Virtuosität, dem wird diese verhaltene, überfeinerte Kunst nicht viel sagen. Um zu begreifen, warum Pianisten wie Murray Perahia sich ehrfurchtsvoll vor dem Thron dieses Großmeisters der Zunft verneigen, sollte man die Lust zur andächtigen Versenkung mitbringen, als lese man ein Gedicht Mallarmés oder betrachte ein Bild Vermeers. Wir sind es einem Künstler schuldig, der in die Herstellung einer subtilen Miniatur eine Zeit investiert wie andere in den halben Prokofjew.
Dieses 1989 für das inzwischen untergegangene Label Dorian eingespielte Chopin-Recital ist – auch in audiophiler Hinsicht – vielleicht die erlesenste seiner Aufnahmen. Nun hat Supraphon sie wiederveröffentlicht.
Es ist immer heikel, diese nahezu unbeschreibliche pianistische Feinmalerei an „Stellen“ zu belegen, als suche man ästhetizistische Klangdestillate um ihrer selbst willen auf. Natürlich kann man Augenblicke wie das langsam erlöschende Wiegenlied des ersten Scherzos oder die uhrwerkartig abschnurrenden Passagen im Trio des zweiten als berauschende Apotheosen des Handwerklichen hören, und Moravecs Spiel im Belcanto-Mittelteil des vierten Scherzos ist die wohl erlauchteste Verwandlung des Klaviertons in eine menschliche Stimme. Doch all das ist kein L’art pour l‘art, sondern ein Mittel interpretatorischer Verdichtung. Gerade das Moment des vollendet Kantablen gerät zur bindenden Klammer. Man kann es an der so oft gähnend langweilig exekutierten Lento-Etüde op. 25/7 beobachten. Allein für die neuntaktige Dur-Entrückung und ihr Erlöschen im dreifachen Piano, ein Moment reiner Schönheit und Vollkommenheit, gäbe man ein Gutteil seiner Plattensammlung her. Dennoch gerät Moravec das heikle Stück aus einem Guss. Vollendet spannt er die Linien eines subtilen Gesangsduetts im gehauchten mezza voce aus – das noch bis in die letzte Reihe des Konzertsaals tragen würde. Aber ehe ich mich schwärmend verliere, hören Sie selbst ...

Matthias Kornemann, 13.08.2011


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