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N° 1354
20. - 30.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Guided Dream

Dave Liebman, Brussels Jazz Orchestra

Prova Records/New Music Distribution PR1102CD15
(69 Min., 11/2006)

Die „Gazelle“ rast mit weiten Sprüngen des Bigband-Tutti, und Dave Liebman lässt sie mit hellen Kieksern des Sopransaxofons kurz innehalten: Dieses raffinierte Klangbild eröffnet die Traumplatte, die er bei zwei Konzerten 2006 mit dem Brussels Jazz Orchestra eingespielt hat. George Gruntz hat es arrangiert, und auch die übrigen Solisten, der Altsaxofonist Frank Vaganée und die Pianistin Nathalie Loriers, greifen – wenngleich weniger sprunghaft – die Gazellenrolle auf, gerade so, als ob die Tiere auch beim Äsen beobachtet würden. Neben dem Schweizer Gruntz steuerten auch Bill Dobbins, Chuck Owen, J.C. Sanford und andere Partituren bei, eine so powervoll und vertrackt wie die andere. Bis zum abschließenden Ellington-Klassiker „In A Sentimental Mood“ in einer eleganten Fassung Dobbins zeichnet sich die siebzehnköpfige Bigband durch messerscharfe Breaks und Einsätze aus, und dabei swingt sie so gelassen, dass die Perfektion warm, natürlich und völlig selbstverständlich wirkt.
Liebman bläst den Großteil der Soli, wobei er sich auch in rasanten Passagen geschmackvoll in den Gesamtklang des Orchesters einordnet – keine Spur von einer Extrarolle, wie sie andere Stars bei derartigen Produktionen oft einnehmen. Dabei bläst er, eher ein Geheimtipp unter Musikern als ein Liebling des Publikums, Soli der Extraklasse, in denen spürbar wird, dass er sich nie von Trends vereinnahmen ließ, sondern stets unabhängig vom Zeitgeist seinen eigenen, oft unkonventionellen Weg verfolgte und eine ganz individuelle Linienführung pflegte. Trotz dieses Niveaus können die übrigen Solisten, unter ihnen auch der Bassklarinettist Steffen Schorn, neben ihm bestehen. Da zudem fast alle Arrangeure das Klangpotential der Band einschließlich von Flöten und Elektrogitarre ausnutzen, entsteht eine Orchester-Identität, in der sich Anklänge an Meisterwerke von Bigbandleadern wie Oliver Nelson, Quincy Jones, Maynard Ferguson, Toshiko Akyoshi sowie dem Thad Jones-Mel Lewis Orchestra spiegeln, andererseits die Moderne eingezogen ist. Eine derart intensive und dichte Bigbandscheibe ist schon seit langem nicht mehr erschienen.

Werner Stiefele, 17.09.2011


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