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N° 1354
20. - 26.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Steve Reich

WTC 9/11, Mallet Quartet, Dance Patterns

Kronos Quartet, Sō Percussion u.a.

Nonesuch/Warner 7559796457
(37 Min., 2011) CD + DVD

Um im Bild des jetzt überarbeiteten Covers zu bleiben: Selten hat im Vorfeld eine Veröffentlichung so viel Staub in der amerikanischen Öffentlichkeit aufgewirbelt wie die geplante Weltersteinspielung von Steve Reichs Streichquartett „WTC 9/11“. Ursprünglich sollte auf der CD eine leicht verfremdete Fotografie von einem Flugzeug zu sehen sein, wie es auf die bereits qualmenden Zwillingstürme zurast. Doch viele empfanden diese Art der Ästhetisierung des 11. Septembers als Beleidigung der Opfer und ihrer Hinterbliebenen. Stattdessen sind also nun lediglich riesige Staubwolken zu sehen, die nicht sofort an die Katastrophe vor genau zehn Jahren denken lassen. Den unmittelbaren Bezug dagegen trägt das rund fünfzehnminütige, dreisätzige Quartett des amerikanischen Minimalismus-Pioniers Reich direkt im Titel.
Reich hat dafür auf Originalaufnahmen von der Flugabwehr und von Feuerwehrmännern, aber auch von Zeitzeugen zurückgegriffen und sie zu einer elektro-akustischen Dokumentation verarbeitet. Formal ähnelt das 2011 vom Kronos Quartett uraufgeführte Werk dem Streichquartett „Different Trains“, mit dem Reich an die Holocaust-Opfer gedachte. Natürlich mögen solche Versuche, dem Unfassbaren eine musikalische Gestalt zu geben, schnell an ihre Grenzen stoßen. Im Fall von „WTC“ aber verweigert sich Reichs markant soghafte Klangsprache sofort allen kulinarischen Zügen. Die fast stelenhaft ablaufenden Rhythmen verbünden sich mit den O-Tönen vielmehr zu einer beklemmenden Stimmung – bis zum Schluss ein fast trostspendender Kaddish-Gesang hineinschwebt. Und das mit Reichs Musik bestens vertraute Kronos Quartet erweist sich einmal mehr als experimentierfreudig ideales Medium. In den beiden nachfolgenden Stücken „Mallet Quartet“ (2009) sowie „Dance Patterns“, die 2002 für die Choreografin Anne Terese de Keersmaeker entstanden, konnte Reich sich dagegen einmal mehr als Großmeister der ineinander verschachtelten Rhythmik ausweisen – wobei selbstverständlich auch der Reich-typische Drive nicht zu kurz kommt.

Guido Fischer, 01.10.2011


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