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N° 1354
20. - 26.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Antonín Dvořák

Sinfonien Nr. 7 d-Moll und Nr. 8 G-Dur

Sir Roger Norrington, Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des SWR

Hänssler/Naxos 93277
(75 Min., 4 & 9/2010) Live-Aufnahmen

Ob das die Statuten der Londoner Philharmonic Society vorsahen, dass ein gelernter Metzger ihr Ehrenmitglied werden konnte!? Antonín Dvořák hieß der Fleischer, der 1884 ausgezeichnet wurde. Er revanchierte sich bei den hochwerten Clubherren – nein, nicht, wie es seinem ursprünglichen Metier und seiner Herkunft entsprochen hätte, mit heißgeräucherten böhmischen Kabanos oder Schinkenfleckerl, sondern mit seiner siebten Sinfonie. Aber auch die ist so gar nicht „böhmisch-musikantisch“ – wie man später ihren Schöpfer gerne bespöttelte. Als wollte Dvořák sich und den Kollegen (an vorderster Stelle seinem Freund und kritischen Förderer Brahms) beweisen, was für ein anspruchsvoller Sinfoniker in ihm steckt, trotzt das d-Moll-Werk förmlich dem Klischee vom slawischen Melodienschreiber und Furiant-Tänzer. Roger Norrington hilft dem Hörer wie kein anderer (ausgenommen allenfalls Rafael Kubelik), die Strukturdichte, das düstere Vorwärtsdrängen, die trotzige Grundstimmung des Werkes ungeschönt zu erleben. Wo andere – auch hier – auf der Suche nach dem Gefälligen das Dur-Seitenthema melodienselig mit viel Vibrato aufschäumen und überhaupt alle scharfkantigen Motive streicherlastig weichspülen, da pocht der Engländer einmal mehr auf strikte polyphone Durchhörbarkeit und rhythmische Finesse. Dass dies auch und gerade in der Achten Sinfonie zu neuen Hör-Erkenntnissen führt, überrascht niemanden, der Norringtons zwölf aufsehenerregende, leider nun zu Ende gehende Stuttgarter Chefdirigenten-Jahre (per Platte) mitverfolgt hat. Versteht man gemeinhin – und fälschlicherweise – die Achte als Rückkehr zum volkstümlichen Musikantentum, so demonstriert Norrington schon allein mit den vehementen Paukenschlägen und Licht-Dunkel-Kontrasten des Adagio, dass hier ein Dramatiker par excellence am Werk ist. Und das kammermusikalisch flirrende Farbenfest, das er dem stilisierten g-Moll-Walzer angedeihen lässt, macht dessen „grazioso“-Vorschrift alle Ehre. Sage noch einer, vibratolos wäre seelenlos!

Christoph Braun, 29.10.2011


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