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N° 1353
13. - 21.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Hector Berlioz

Symphonie fantastique op. 14

Les Siècles, François-Xavier Roth

Musicales Actes Sud/harmonia mundi ASM 02
(52 Min., 8/2009) live

Viele Dirigenten nehmen die Largo-Einleitung der „fantastische Sinfonie“ auf die leichte Schulter oder stochern konturenlos im Nebel herum – als ob der (von Berlioz autobiografisch imaginierte) junge Musiker-Held, der hier, in den „Rêveries“, seine Angebetete halluziniert, ein irgendwie gelangweilter, tagträumender Schönling wäre. Nicht so François-Xavier Roth und seine „Les Siècles“-Musiker. Soghaft zwingt der 40-jährige Franzose mit seinem 2003 gegründeten „Originalklang“-Ensemble in drängendem Tempo, kurzatmigen, fast keuchenden Motivsprengseln und markanter Pausensetzung den Hörer in den Bann. Ähnlich Munch oder Gardiner legt Roth schon in den Anfangstakten das fiebrige Unruhepotential, das nach wie vor revolutionär „Unbotmäßige“ dieses ganz und gar indiskreten „drama instrumental“ frei, das der 26-jährige Berlioz 1830 in (damals) noch unerhörter, verzehrender Liebe zur Shakespeare-Tragödin Harriet Smithson schrieb und das ihn – neben Beethoven – zum orchestralen Revoluzzer seines Jahrhunderts schlechthin machen sollte. Ein gut Teil des Roth‘schen Aufruhrs rührt vom historisch raueren, ungeschlachten, von keinem karajanesken Streicherschönklang eingehüllten Klangbild seiner fabelhaften Truppe. Die Präsenz des Schlagwerks und vor allem der Bläser macht nicht erst das finale „gemeine Tanzlied“ (so Berlioz‘ höflicher Programmtext der Uraufführung) im Hexensabbat zum Fanal des Hässlichen, das bekanntlich alle deutschen „Klassizisten“ zu (hässlichen) Tiraden auf den Franzosen provozierte (und das uns heute, gestehen wir es, nicht drastisch genug sein kann). Doch Roth ist kein tumber Krachmacher, auch kein überhitzter Provokateur um der Provokation willen. Die schlanke, geradezu zerbrechliche Walzer-Kantilene des zweiten Satzes wie auch die Pastoral-Szene zeugen von einem kammermusikalischen Klangfarben-Raffinement sondergleichen. Aber, wie gesagt, das Donnergrollen, mit dem Berlioz seine Idyllen immer wieder verschreckt, – das findet in Roth einen kongenialen Sympathisanten.

Christoph Braun, 24.03.2012


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