home

N° 1353
13. - 21.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



Responsive image mb-5

The 1961 Amsterdam Concert

Ella Fitzgerald

Solar/harmonia mundi SOL 4569915
(61 Min., 9/1953 - 2/1961)

„Sie war ja so schüchtern. Wir waren bei einem Jazzfestival in Europa. Bevor sie auf die Bühne ging war sie in völliger Panik. Da war sie, der Weltchampion unter den Sängern und fürchtete sich, vor dem Publikum zu singen. Doch sobald sie in der Musik war, vergaß sie sich selbst und sang wie ein Engel“, erinnerte sich der unlängst verstorbene Arrangeur an Ella Fitzgerald.
Niemand kann behaupten, wir hätten zu wenige Live-Aufnahmen Ellas aus dieser Zeit. Eine Woche zuvor entstand in der gleichen bewährten Besetzung ‒ Lou Levy (p), Herb Ellis (g), Wilfried Middlebrooks (b) und Gus Johnson (b) ‒ „Ella Returns To Berlin“; 10 Tage danach entstand ein weniger bekannter Mitschnitt in Belgrad und im Mai 1961 wurden dann „Ella In Hollywood“ und die „12 Nights In Hollywood“ für Verve verewigt. Wer diese Alben kennt, erlebt bei den Amsterdamer Aufnahmen vom 18. Februar 1961 freilich keine „Überraschungen“ – es sei denn, man betrachtet Details als solche, etwa die Tatsache, dass Ella auf Publikumswunsch „My Funny Valentine“ aufs Programm setzt: Sie hatte es zuletzt 1958 live aufgenommen und diese Version ist wohl die letzte dokumentierte ihres Lebens. Sie entschuldigt sich beim Publikum, dass sie die Noten nicht dabei haben und es ohnehin keine Plattenaufnahme werde. Sie legt so viel Herzblut in ihre vollkommene Interpretation, dass man feuchte Augen bekommt.
Auch sonst erlebt man in diesem Amsterdamer Mitschnitt das Nonplusultra an Sangeskunst in bewährtem Repertoire jener Tage, Innigkeit und Wärme in „Heart and Soul“, den unbeirrbaren Swing in „That Old Black Magic“, die mitreißende Heiterkeit in „You’re Driving Me Crazy“, die Satchmo-Imitation in „Mack The Knife“ und die furiose Scatterei im „St. Louis Blues“. Gershwins „Lorelei“ (witziger als die berühmte Berliner Version geraten) animiert nicht nur das Amsterdamer Publikum zum Lachen (sogar noch mehr als kurz darauf das in Hollywood), sondern auch sie selbst. Danach begeht sie noch im Überschwang der Lorelei-Verkörperung ausgerechnet bei ihrem Dauerbrenner „Mr. Paganini“ einen Schnitzer. Sie kann sich offensichtlich den Namen „Concertgebouw“ nicht merken, den sie einbauen will und auch beim zweiten Anlauf klappt es nicht. Das ist aber die einzige Panne und man nimmt amüsiert und erleichtert zur Kenntnis, dass Genies Menschen sind, keine unfehlbaren Computer.
Da dieser unvergessliche Set etwas zu kurz ist, hat man ihm um zwei Verve-Aufnahmen ergänzt, die hier seltsamerweise erstmals auf CD erscheinen: „My Bill“ und „Why Don’t You Do Right“ vom Carnegie-Hall-Konzert vom 19. September 1953. Ray Brown (b), Buddy Rich (dr) und erstmals der seltsam unbekannt gebliebene Raymond Tunia (p) assistieren. Ella ist nicht weniger beflügelt wie zwei Monate später in Tokio, wo sie in ähnlicher Besetzung auftrat. Wie gesagt: Es gibt schon viele so ausgezeichnete Live-Alben Ellas in dieser Art, aus dieser Zeit, mit diesen Musikern. Und doch: Da Ella damals praktisch am laufenden Band für Sternstunden sorgte, kann es nie zu viele davon geben.

Marcus A. Woelfle, 09.06.2012


Diese CD können Sie kaufen bei:

Als JPC- und Amazon-Partner verdienen wir an qualifizierten Verkäufen



Kommentare

Kommentar posten

Für diese Rezension gibt es noch keine Kommentare.


Abo

Top