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N° 1353
13. - 24.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Subconscious Lee

Lee Konitz

Prestige
(1/1949 – 7/1950)

Lee Konitz, der im November 85 Jahre alt wird, und zeitlebens vom Improvisieren eine noch absolutere Auffassung hatte als die meisten Musiker, geht noch weiter: Er stellt sich täglich der Herausforderung, sich nicht zu wiederholen, ja sich selbst nicht zu kopieren. Seine Improvisationen der Nachkriegszeit – darunter die zwölf hier versammelten Klangjuwelen, die ersten unter eigenem Namen und zugleich die ersten Produktionen des legendären Labels Prestige Records – wurden hingegen sofort zum Muster unzähliger Saxofonisten.
Die Unvorhersehbarkeit seiner Einfälle war unnachahmlich. Folgenreicher war daher vor allem der vibratolose, schwerelose, lautere, doch alles andere als laute Sound des Altisten, dem Saxofonisten der 50er Jahre oft nacheiferten. Konitz war der erste Altist der 40er Jahre, der dem (auch von ihm bewunderten) Charlie Parker eine eigene Altsax-Ästhetik entgegenzusetzen hatte, die nur zum Teil auf beider Wurzel Lester Young, dem Idol aller Cool-Jazzer verweist. Das Abstrakte und Vergeistigte an ihr wurde stark vom Pianisten und Pädagogen Lennie Tristano geprägt, unter dessen Leitung noch die ersten vier Stücke des Albums eingespielt wurden.
Als am meisten beachteter Musiker des Tristano-Kreises und als Spielgefährte von Miles Davis belegte Konitz in den Jahren 1949/50 eine doppelte Schlüsselstellung bei der Etablierung des Cool Jazz. Bei Aufnahmen mit Miles Davis’ Capitol-Orchestra, nachzuhören in „The Birth Of The Cool“ (Meilensteine des Jazz, Folge 14) agierte er vor einem ganz präzise arrangiertem Hintergrund. Auf diesem Album mit Tristano und dessen Schülern, die wie der Gitarrist Billy Bauer und der Tenorsaxofonist Warne Marsh wie Konitz‘ (mit ihm bisweilen kontrapunktisch verbundene) „alter egos“ klingen, zeigte sich im offeneren, kammermusikalischen Rahmen seine Fähigkeit zu beglückender spontaner Kommunikation, und dies in zum Teil halsbrecherischen Tempi, die ihm heute nicht mehr liegen. Da zauberte Konitz, oft schneller als man mitzudenken vermöchte, mit komplexen Linien architektonische Wunderwerke, die nichts an ihrer Modernität eingebüßt haben.

Marcus A. Woelfle, 01.09.2007


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