Analekta/New Arts International AN 29996
(92 Min., 9/2011) 2 CDs
Nicht jedes Konzept, das bei einem Konzertabend funktioniert, wirkt auch auf einer CD. Denn will man wirklich vor jedem Brandenburgischen Konzert ein Präludium von Schostakowitsch hören – und das auch noch in einer Instrumentierung für historische Instrumente der Barockzeit? Doch tatsächlich profitieren beide Komponisten von dem Experiment. Die Präludien aus Schostakowitschs op. 87, die ursprünglich für Klavier geschrieben wurden, wirken im „historischen“ Klanggewand nicht im Geringsten verkleidet, sondern erstaunlich authentisch – ein Zeichen dafür, wie gut es Schostakowitsch gelungen ist, die Bach'sche Logik im 20. Jahrhundert weiterzudenken. Ohne die stilistische Geschlossenheit des Albums zu gefährden, wird der Hörer für die Momente sensibilisiert, in denen Bach in seinen Brandenburgischen Konzerten die Grenzen des im Stile seiner Zeit Üblichen und Erwartbaren austestet – und dies, ohne dass der Ensembleleiter Matthias Maute die formalen oder harmonischen Kühnheiten mit Gewalt herausstellen müsste.
Sein Bach klingt dabei alles andere als vergrübelt. Vielmehr ist die Interpretation des Ensembles Caprice von einem deutlich tänzerischen Impuls geprägt, bei dem die Taktschwerpunkte fast überdeutlich herausgehoben, dabei aber auch flexibel angesteuert werden: ein insgesamt überzeugender Ansatz, der Lebendigkeit und Struktur in Bachs ausgedehnte motorische Fortspinnungsmuster bringt. Diese geerdete, aber nicht volkstümelnde Herangehensweise wird ausbalanciert durch die Virtuosität und Leichtigkeit, mit denen die Solisten ihre Partien aus dem Ensembleklang geradezu heraustreten und manchmal sogar geradezu herausstäuben lassen. All das zu verfolgen, macht auch beim dritten Hören nicht nur Sinn, sondern auch Spaß.
Carsten Niemann, 20.07.2013
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