DG/Universal 479 1074
(63 Min., 3/2013)
Der Kanadier Yannick Nézet-Séguin gehört zu den Shooting-Stars der Branche, die sich bis kürzlich nicht vor lukrativen Offerten retten konnten. Denn wenngleich er seit 2008 hauptamtlich das Rotterdam Philharmonic Orchestra leitet und nebenbei auch noch 1. Gastdirigent des London Philharmonic Orchestra ist, schien er noch ausreichend Power für ein drittes Engagement zu besitzen. Und so trat er zu Beginn der Saison 2012/13 einen der traditionsreichsten Chefposten an, den die amerikanische Orchesterelite zu bieten hat. Als Nachfolger eines Leopold Stokowski, Eugene Ormandy und Riccardo Muti steht Nézet-Séguin nun dem Philadelphia Orchestra vor. Und für die erste gemeinsame diskografische Visitenkarte hat man sich noch rasch mit Strawinskis „Le sacre du printemps“ dem diesjährigen Jubiläumsschlager angenommen.
Mit dem Werk ist die Geschichte des Top-Five-Orchester eng verbunden. Immerhin brachte man es mit Stokowski 1922 zur US-amerikanischen Erstaufführung und spielte es mit ihm 1929 auch ein. Und wer sich in den letzten Monaten noch einmal die elektrisierenden und rhythmusbepackten Referenzeinspielungen eines Leonard Bernstein oder Esa-Pekka Salonen zu Gemüte geführt hat, der wird überrascht sein von der jetzt gar nicht so körperlich anspringenden Gangart. Statt mächtig für Überdruck im Kessel zu sorgen, setzen Nézet-Séguin und The Philadelphia Orchestra vor allem auf das irisierend-impressionistische Kolorit dieser Musik. Und selten hat man in letzter Zeit etwa die „Introduktion“ des 2. Teils und den nachfolgenden „Mystischen Reigen“ so kammermusikalisch durchlüftet und doch zugleich aufregend spannungsvoll gehört. Von bezaubernder Delikatesse kommt dagegen die kleine Orchester-„Pastorale“ von Strawinski daher. Und den drei Bach-Transkriptionen Stokowskis (u.a. Toccata und Fuge d-Moll) hat man gehörig das Kitschpotential ausgetrieben.
Guido Fischer, 21.09.2013
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