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N° 1354
20. - 26.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



Der mongolische Tartarenführer Tamerlano muss das genaue Gegenteil von einem weisen, verständnisvollen und friedliebenden Zeitgenossen gewesen sein. Wer ihm wie der Sultan Bajazet zu Beginn des 15. Jahrhunderts in die Quere kam, der bekam von Tamerlano alle Grausamkeiten dieser Welt zu spüren. Drei Jahrhunderte später ließ sich Händel von seinem Librettisten Haym daraus eine klassische Historienoper schreiben, in der natürlich die handlungsüblichen, amourösen Nebenkriegsschauplätze nicht fehlen durften. So hat Tamerlano ein Auge auf Bajazets bereits anderweitig vergebene Tochter Asteria geworfen. Doch man ahnt es schon. Selbst ein Unhold hat ein weiches Herz. Weshalb alles aufs standesgemäße Happy End zuläuft und Tamerlano die alles versöhnende Zauberformel spricht: „Den Hass vergessend und auf immer Freunde, vom heutigen Tag werden wir glücklich regieren“. Bevor aber der Vorhang dieses Dreiakters endgültig fällt, krönt Händel seine Oper mit einem vierstimmigen, bittersüßen Chorgesang, der wie unter einem Brennglas noch einmal den beschwerlichen Weg vom Dunkel ins Helle zusammenfasst.
1724 erlebte Händels „Tamerlano“ in London seine Uraufführung, bei der illustre Sängerstars wie die Kastraten Andrea Pacini und Senesino sowie die Sopranistin Francesca Cuzzoni zu hören waren. Für die Einspielung der leicht überarbeiteten Fassung von 1731 hat Dirigent Riccardo Minasi ähnlich aus dem Vollen geschöpft. Die Titelpartie hat er mit dem spanischen Countertenor Xavier Sabata besetzt, mit dem er 2012 bereits ein tolles Händel-Recital veröffentlicht hat. Den Prinzen und Asteria-Verlobten Andronico gibt Max Emanuel Cencic. Als „Bajazet“ brilliert Tenor John Mark Ainsley und als „Asteria“ die Sopranistin Karina Gauvin. Zusammen mit den mal schnittig, mal empfindsam auftrumpfenden Alte Musik-Spezialisten vom Ensemble Il Pomo d´Oro löst dieses Sängerteam alle Erwartungen nicht nur glänzend ein. Jeder kann mit stimmschauspielerisch vorbildlichem Gestaltungsvermögen jene Gefühlswelten und Seelenabgründe illuminieren, die Händel hier fast ohne die üblichen Bravourarien erkundet hat.

Guido Fischer, 07.06.2014


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