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N° 1354
20. - 30.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Robert Schumann

Violinkonzert d-Moll, Klaviertrio Nr. 3 op. 110

Isabelle Faust, Jean-Guihen Queyras, Alexander Melnikov, Freiburger Barockorchester, Pablo Heras-Casado

harmonia mundi HMC 902196
(61 Min., 8 & 9/2014) CD + DVD

Eine Sensation: Robert Schumann war bisher erst am Rande Gegenstand der Bemühungen historisierender Aufführungspraktiker – und nun kündigen Isabelle Faust und ihre beiden Kammermusikpartner an, sämtliche Konzerte und Trios von Schumann auf historischen Instrumenten zu präsentieren. Partner für die Konzerte ist das Freiburger Barockorchester, das sich schon in der ersten Folge als Glücksgriff erweist.
Ein Glücksgriff für Schumanns Violinkonzert ist auch Isabelle Faust als Solistin. Nach wie vor sorgt das erst spät uraufgeführte Werk mit seiner unglücklichen Rezeptionsgeschichte – Clara Schumann und Joseph Joachim haben es unterschlagen, 90 Jahre später haben es zunächst die Nationalsozialisten okkupiert – für Diskussionsstoff: Manche halten es für gnadenlos überschätzt und geben damit Joseph Joachim Recht, der Spuren des geistigen Verfalls in der Partitur ausmachen wollte. Andere halten es für ein geniales Spätwerk, in dem die innere Not des psychisch angeschlagenen Komponisten künstlerisch überhöht vermächtnishaft zu Musik wird.
Isabelle Faust scheint die letztere Sicht zu teilen: Sie vollzieht die quälend vergeblichen Aufschwung-Versuche des letzten Satzes so intensiv mit, dass ihre intensive Darbietung dieser „verhinderten“ Polonaise zum beklemmenden Zeugnis musikgewordener Verzweiflung wird. Zarte, aber niemals süßliche Töne findet sie für den stets vom rhythmischen Zerfall bedrohten, ungeheuer sensiblen Mittelsatz. Die lapidare Strenge des barockisierenden Kopfsatzes mit seinem lyrischen zweiten Thema, das das Finale vorausahnen lässt, gestaltet sie auf Basis einer im Ansatz immer sehr geraden, erst im Verlauf längerer Noten ins Vibrato ausschwingenden Tongebung sehr eindringlich, gelegentlich gar bohrend. Das Freiburger Barockorchester unterstützt ihre rückhaltlos ausdrucksorientierte Interpretation durch präzises, scharf konturiertes Spiel; wie zu erwarten, werden vor allem im Bereich der Bläserstimmen Elemente der Partitur hörbar, die man in anderen Aufnahmen nicht so bewusst wahrgenommen hat. Dass die Studioaufnahme des Konzerts durch einen Live-Mitschnitt auf DVD ergänzt wird, ist ein großer Gewinn.
Schonungslose Direktheit, bei Bedarf auch Härte sind gleichfalls im Klaviertrio g-Moll Maßgaben einer Darbietung, die das Stück in all seiner kompositorischen Radikalität erlebbar macht: Schumann war nicht nur ein inspirierter musikalischer Poet, sondern auch ein manchmal fast schockierend moderner Tonsetzer – danke, dass wir durch diese Einspielung daran erinnert werden.

Michael Wersin, 14.03.2015


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