Der Trompeter Terence Blanchard lässt schon seit langem die engen Grenzen des akustischen Jazz hinter sich und nimmt sich die Freiheit, aus der gesamten Geschichte der populären Musik zu schöpfen – diesmal sogar einschließlich der Verflechtung mit Politik in den 1960ern und 1970ern. Dafür begibt er sich zunächst zurück zum Souljazz. Mit „Compared To What“ leitet er sein Album „Breathless“ ein: in der Ur-Version mit der Soulsängerin Roberta Flack 1969 eine Anklage gegen den Vietnam-Krieg, danach ein Souljazz-Hit des Gespanns Les McCann und Eddie Harris und nun eine funkunterlegte Kampfansage gegen den alltäglichen Rassismus in den USA. Darauf folgt ein smoothes „See Me As I Am“, die Jazzballade „Everglades“ und die Rap-Nummer „Breathless“: erneut eine Anklage gegen die alltägliche Brutalität in den USA und gleichzeitig das Bekenntnis „it is my land“, aus dem sich die schwarzen Amerikaner nicht ausgrenzen oder verjagen lassen, sondern ebenfalls atmen können. Mit „Confident Selflessness“ geht es wieder im Smooth-Bereich weiter, und „Shutting Down“ erinnert stellenweise an Prince-Nummern. Klassischer Rockjazz in „Soldiers“, Smooth-Jazz in der nach dem Sinn des Lebens fragenden Gesangsnummer „Samadhi“, der der von Elektroniksounds durchzogene gesellschaftskritische Rundumschlag „Talk To Me" folgt. „Tom & Jerry“ zählen wieder in den unterhaltsameren Smooth-Bereich, „I Ain’t Got Nothin‘ But Time“ ist eine hübsche Soul-Ballade, „Cosmic Warrior“ fußt auf dunklen Rocksounds, und „Midnight“ beschließt das Album mit exoterisch-melancholischen Klängen: wahrlich ein bunter Mix. Aber bei Terence Blanchard, der in den 1980ern als Mitglied in Art Blakeys „Jazz Messengers“ noch ein Botschafter des reinen Hard Bop war, ist dies nichts Neues.

Werner Stiefele, 30.05.2015

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