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N° 1353
13. - 24.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Orlando di Lasso, György Kurtág, Igor Strawinski, Thomas Adès, John Dowland, John Bennett

Bridges

Kuss Quartett

Sony BMG 8869709216
(54 Min., 02/2007) 1 CD

1990 veröffentlichte das Kronos Quartet mit "Black Angels" ein Album, auf dem ein zeitlich erstaunlicher Radius von fünf Jahrhunderten abgesteckt wurde, um musikalisch Flagge gegen Krieg und jegliches Unrecht zu zeigen. Auf so eine programmatisch äußerliche Klammer hat das Kuss Quartett jetzt bei seinem ähnlich weiten Brückenschlag verzichtet. Stattdessen überließ man ganz und gar der Musik von der Renaissance bis zur Moderne das Feld, um die Epochen, Traditionen und Visionen in einem abenteuerlich spannenden Dialog zusammenbringen. Ausgehend von Orlando di Lassos Motettenzyklus "Prophetiae Sibyllarum" bilden die arrangierten Ausschnitte gleichsam die Schnittstellen und Berührungspunkte zwischen den drei originalen Streichquartettwerken aus dem 20. Jahrhundert. Das "Officium Breve in memoriam Andreae Szervánsky" des ungarischen Feinmechanikers György Kurtág nimmt in seinen 15 Miniaturen genauso Bezug auf mittelalterliche Stundengebete, auf barocke Choralkunst wie auf Anton Webern. Und wie Strawinski 1914 in seinen "Drei Stücken" russische Liedimpressionen mit rhythmisch scharfem Elan anging, um sich im letzten Satz von der meditativen Ausgewogenheit der Gregorianik leiten zu lassen, trifft man in "Arcadiana" des Engländers Thomas Adès auf assoziative Traumklangbilder, auf Mozart und Schubert. Für all diese, allein spieltechnisch herausfordernden Klangsprachen besitzt das Kuss Quartett nicht nur die entsprechende und hier schon fast atemberaubende Perfektion. Mit den subtil gesetzten Farben, zarten Kantilenen, robusten Ausbrüchen und geisterhaft inszenierten Pianissimo-Momenten schlägt diese Musikreise um in eine Biografie vom ewig leidenden wie von Sehnsucht getriebenen Erdenwürmling. Trotz Mehrstimmigkeit schälen sich da Monologe des tragisch Einsamen heraus, kann man ihm bis in sein tiefstes Innerstes hineinhören und -horchen. Weshalb selbst das Finale nur verzweifelte Größe atmet – in den Klagegesängen der elisabethanischen Meister John Bennett und John Dowland.

Guido Fischer, 06.10.2007


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