Erato/Warner 2564612663
(68 Min., 6/2014)
Im Juli verstarb völlig überraschend der Bratschist des Artemis Quartetts, Friedemann Weigle. Seit 2007 war er Mitglied dieses deutschen Ausnahmevierers, der selbst auf den höchsten Repertoire-Gipfeln (Stichwort: Beethoven-Zyklus) Maßstäbe gesetzt hat. Ein Jahr vor seinem Tod war Weigle mit seinen Kollegen im Aufnahmestudio, um die beiden jetzt veröffentlichten Streichquartette Nr. 1 & 3 von Brahms einzuspielen. Was Plastizität und gemeinsamen Atem, die Balance zwischen tradiertem Formaufbau und (spät-)romantischer Ausdrucksintensität sowie die technische Solidität in allen Belangen angeht, zeigt sich dieses Artemis Quartett wieder auf gewohntem Spitzenniveau. Und es gibt da Momente, die hat man in dieser Sinnlichkeit zumindest in den letzten Jahren nie traumhafter, verführerischer gehört. Diese intime und doch so hymnische Kantilenenseligkeit, die den langsamen Satz des 1. Streichquartetts einhüllt, kommt einer Brahms‘schen Verbeugung vor dem Quartettkomponisten Schubert gleich. Und wie klangsatt und zugleich durchaus geheimnisvoll die Pizzicati im Trio des dritten Satzes daherkommen, hat so gar nichts mehr mit dem ansonsten gerne pointierten böhmischen Idiom zu tun. Das Artemis Quartett holt Brahms auch aus dieser Klischee-Ecke raus.
Bei aller kammermusikalischen Einfühlung, die man ebenfalls im 3. Quartett und vor allem im schwärmerischen Andante sowie dem dramatisch leicht verschleierten „Agitato“ aufbietet, hängt über der Gesamtaufnahme dennoch eine merkwürdige (Gedanken-)Schwere, die eine gewisse Distanz aufbaut. So als ob man jeder noch so bestechenden Geste und Wendung nicht so ganz getraut und man stattdessen lieber auf seinen hellwachen Kopf gehört hat. Trotzdem: Selbst solche Irritationen fordern geradezu zur Beschäftigung heraus. Was übersetzt heißt: Für Mainstream-Perspektiven ist das Artemis Quartett weiterhin nicht zu haben.
Guido Fischer, 19.09.2015
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